Sechster »VD«
»Ich werde vermutlich nicht mehr so viel Zeit für das Sonntagskreuzworträtsel im ›Svenska Dagbladet‹ haben«, meint Jesper Brodin scherzhaft. Seit 1. September ist der 48-jährige Göteborger Chef des Ikea-Imperiums und damit seit der Gründung des Möbelhauses vor 74 Jahren erst der sechste »VD«, wie die Schweden ihre Firmenbosse nennen. Doch in den vergangenen zehn Jahren wurde der Posten schon vier Mal neu besetzt.
Vorgänger Peter Agnefjäll verlässt den Konzern nach fünf Jahren an der Spitze freiwillig, wie es heißt. Er freue sich, »mehr Zeit für die Familie« zu haben. Ob es Zerwürfnisse gab, ist unbekannt. Vor einem Jahr war die Chefstelle stark beschnitten worden. Einkauf, Logistik sowie Produktentwicklung und rund ein Viertel der 155 000 Mitarbeiter wanderten zur rechtlich separaten Inter-Ikea-Group ab. Der Konzern steckt im größten Umbau seit 30 Jahren.
Brodin wird für Endkunden, Kaufhäuser und den Internethandel verantwortlich sein. Die Söhne und Erben des rüstigen, aber inzwischen im Ruhestand befindlichen Gründers Ingvar Kamprad (91) wollen, dass Brodin dem Onlinehandel als zentralem Zukunftsgeschäft Beine macht – er steuert bisher nur vier Prozent zum Umsatz bei. Auch soll Brodin neue Kaufhauskonzepte erproben.
Ikea gilt als sehr geschlossenes Unternehmen, einen Börsengang wird es laut Gründerverfügung nie geben, hohe Posten werden meist konzernintern vergeben.
Brodins Ernennung passt da gut hinein: Wie sein Vorgänger war er einige Jahre Assistent von Firmengründer Kamprad. 1994 kam der Musikliebhaber als frischgebackener Ingenieur in den Konzern. 1995 wurde er Einkaufschef für Pakistan und dann Südostasien, 2013 Chef der Sortimententwicklung. Als Chef in Schweden verdiente er zuletzt umgerechnet 720 000 Euro. Im internationalen Vergleich ist das wenig für Spitzenmanager, aber bei Ikea üblich. Sparsamkeit ist das von Gründer Kamprad vorgelebte A und O. Dennoch: Brodin wird zwar künftig weniger Zeit für sonntägliche Kreuzworträtsel haben, eine Gehaltserhöhung dürfte ihm das aber versüßen.