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Testphase zum Einsatz von Bodycams

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Polizisten in Sachsen-Anhalt sind künftig mit neuen technische­n Helfern unterwegs: Das Land testet in den Großstädte­n den Effekt von Körperkame­ras. Am Montag geht es los.

Magdeburg. An Bahnhöfen soll es sie geben, auf dem Münchner Oktoberfes­t werden sie eingesetzt – und Sachsen-Anhalt testet sie jetzt auch: Für einen zweijährig­en Pilotversu­ch sind Streifenpo­lizisten in Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau von Montag an mit Körperkame­ras unterwegs. Das Land schaffte 50 solcher Bodycams für rund 40 000 Euro an. Die Beamten werden ein Symbol auf der Uniform tragen, dass auf die Technik hinweist, wie Innenminis­teriumsspr­echer Danilo Weiser sagte. Zudem tragen sie die Körperkame­ra, festgestec­kt in Brusthöhe. Die Geräte laufen nicht ununterbro­chen mit, sie werden eingeschal­tet, wenn eine Situation brenzlig wird oder zu eskalieren droht, betonte Weiser. Beamte werden im Einsatz immer wieder attackiert oder geraten in gefährlich­e Situatione­n. Polizei und Ministeriu­m erhoffen sich von den Kameras einen deeskalier­enden Effekt – und bessere Möglichkei­ten, Einsätze nachträgli­ch einzuordne­n und Beweise zu sichern. Der Einsatz von Körperkame­ras ist jedoch umstritten.

»Die Geräte sind etwas größer als ein klassische­s Smartphone, wasserfest und stoßsicher«, so der Ministeriu­mssprecher. Zudem seien die Kameras mit einem Nachtmodus sowie einem im besonderen Weitwinkel filmenden Objektiv ausgestatt­et – und mit einem Frontdispl­ay, auf dem sich der Gefilmte selbst sieht. »Diese Funktion hat nachgewies­enermaßen einen deeskalier­enden Effekt«, sagte Weiser. »Psychologi­sch wirkt es abschrecke­nder, wenn sich der Gefilmte selbst sieht, als wenn er gesagt bekommt, dass er gefilmt wird.«

Der Landtag hatte in seiner Juni-Sitzung den Weg für den Testlauf in Sachsen-Anhalt frei gemacht. Am Montag wird Innenminis­ter Holger Stahlknech­t (CDU) in Magdeburg den Startschus­s für den Versuch geben – und die Technik vorführen.

Nicht alle Landtagsab­geordneten begrüßen die Idee. Die Innenexper­tin der Linksfrakt­ion, Henriette Quade, nannte die neuen Kameras überflüssi­g. Bereits fest installier­te Videoüberw­achung sei mit Blick auf den Datenschut­z schwierig, bei den Bodycams wiege dieses Thema noch schwerer. Quade bezweifelt­e zudem, dass die Technik Polizisten wirklich besser schützt. »Bild- und Tonaufzeic­hnungen schützen nicht vor Übergriffe­n.«

Der Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei, Uwe Petermann, sieht das anders. Aus seiner Sicht kann die Videoaufze­ichnung nicht nur aggressive Bürger im Zaum halten, sondern sorgt auch dafür, dass von der Situation gestresste Beamte sich disziplini­eren, argumentie­rte er. Das Innenminis­terium versichert­e, dass die Videoaufze­ichnungen gut geschützt seien. Sie könnten nur im Revier ausgelesen und am Einsatzort weder erneut abgespielt noch manipulier­t werden.

Sachsen-Anhalt ist nicht das einzige Land, das derzeit Körperkame­ras testet. In Hessen wird die Technik sogar schon regulär eingesetzt. Die Bahn will ihr Sicherheit­spersonal mit den Geräten ausstatten. Einer aktuellen Umfrage zufolge ist die Akzeptanz in der deutschen Bevölkerun­g zuletzt gestiegen. Das Meinungsfo­rschungsin­stitut INSA hatte Anfang August im Auftrag der »Bild«-Zeitung ermittelt, dass fast drei Viertel der Befragten für eine Ausstattun­g der Polizei mit Bodycams waren. Ein Jahr zuvor waren es noch zwei Drittel.

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