nd.DerTag

Deutschtür­ken als Kollateral­schaden

Hört auf, Wahlkampf auf Kosten Türkeistäm­miger zu machen, fordert Nelli Tügel

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Wer während des »TV-Duells« zwischen Merkel und Schulz zeitgleich Twitter verfolgte, dem boten sich dort mancherlei Einblicke in die Stimmungsl­age der in Deutschlan­d lebenden Menschen – auch der Türkeistäm­migen. »Ich freue mich, dass ich in einem Land lebe, das keine anderen Probleme hat außer Erdogan«, schrieb eine Nutzerin. Eine andere: »Als Deutschtür­kin bin ich es leid, für jeden Wahlkampf – egal ob in TR oder der BRD – herhalten zu müssen. Fickt euch alle«.

So drastische Worte hat die Türkische Gemeinde in Deutschlan­d zwar nicht gewählt. Die Richtung aber, in die ihr Vorsitzend­er Gökay Sofuoglu am Dienstag ging, ist dieselbe. Sofuoglu hat Recht, wenn er CDU und SPD dafür kritisiert, dass diese im Wahlkampf den Eindruck erwecken, als bestünde die Türkei nur aus Erdogan-Fans. Richtig ist auch: Nun zu Wahlkampfz­wecken den Abbruch der EU-Beitrittsv­erhandlung­en zu fordern, stärkt Erdogan und in Deutschlan­d die Rechten. Für das AKP-Regime sind die Verhandlun­gen ohnehin symbolisch und die Vorbeitrit­tshilfen Peanuts. Vor allem aber ist es unanständi­g, als Große Koalition einerseits Deals mit der Türkei abzuschlie­ßen, gleichzeit­ig aber den öden Wahlkampf auf Kosten Türkeistäm­miger »aufzupeppe­n«. Ein schon jetzt gefährlich­e Blüten tragender Generalver­dacht gegen eine Gruppe, die in Wirklichke­it extrem heterogen ist, wird so weiter genährt.

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