Saakaschwili will in die Ukraine zurück
Der Ex-Gouverneur von Odessa versucht das politische Comeback und Kiew winkt mit einem Auslieferungsantrag
Der georgische Ex-Präsident Michail Saakaschwili will am 10. September in die Ukraine zurückkehren. Im Juli wurde ihm die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. Das offizielle Kiew reagiert genervt. Die Ukraine habe einen Auslieferungsantrag Georgiens in Sachen Michail Saakaschwili erhalten und beginne gerade mit dessen Prüfung, informierte am Dienstag der stellvertretende Justizminister der Ukraine Serhij Petuchow. Ein Antrag, der dem offiziellen Kiew gerade recht gekommen sein muss. Denn zusammen mit dem Beginn der neuen Sitzungsperi- ode im ukrainischen Parlament fängt in dieser Woche auch die neue politische Saison an – und gleich erwarten interessierte Beobachter einen richtigen Knaller. Denn just an diesem Sonntag, dem 10. September, will der aktuell staatenlose Ex-Präsident Georgiens Michail Saakaschwili über Polen in die Ukraine zurückkehren.
Ende Juli wurde Saakaschwili, der in der Ukraine vom Mai 2015 an 18 Monate lang als Gouverneur im südukrainischen Odessa tätig war und danach eine eigene Partei namens Bewegung Neuer Kräfte gründete, die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. Als offizielle Begründung galten falsche Angaben bei der Be- antragung der Staatsbürgerschaft: Saakaschwili soll angegeben haben, gegen ihn werde in anderen Ländern nicht ermittelt. Dabei ist genau das in Georgien der Fall. Das sollte eigentlich kein Problem sein, denn die Ukraine betrachtete die Ermittlungen in Tbilissi als politische Verfolgung. Bemerkenswert ist auch, dass der Entzug der Staatsbürgerschaft genau zu einem Zeitpunkt stattfand, an dem sich der 49-Jährige kürzlich in den USA aufhielt.
»Sie wollten damit eine Situation schaffen, in der ich nicht mehr zurückkehre«, betont Saakaschwili. »Doch ich bin kein Feigling. Ich kehre am 10. September über den Grenzpunkt Krakowez zurück – und ich werde einreisen, daran habe ich gar keine Zweifel.« Der Einreiseversuch Saakaschwilis soll ein großes Ereignis werden. Der Ex-Georgier und seine Partei wollen, dass so viele Menschen wie möglich zur ukrainischpolnischen Grenze kommen, um den Politiker zu begrüßen. Viele Prominente aus der ukrainischen Politik, darunter Julia Tymoschenko, Anatolij Hryzenko, Mustafa Najem und andere haben ihr Kommen bereits angekündigt. Auch der Staat bereitet sich vor – und verstärkt die Grenzpolizei in der Nähe des Punktes Krakowez in der Westukraine.
Dabei ist es unklar, wie der angeblich staatenlose Saakaschwili die ukrainische Grenze überqueren möchte. Potenziell gäbe es vier wahrscheinliche Wege. Zum einen wollte der Ex-Georgier gegen den Entzug seiner Staatsbürgerschaft vor Gericht klagen. In diesem Fall könnte das Gericht die Einreise erlauben, damit Saakaschwili sich selbst verteidigen kann.
Eine andere Lücke: Saakaschwili könnte den Flüchtlingsstatus wegen politischer Verfolgung in Georgien beantragen. Der 49-Jährige hätte aus politischen Gründen wenig Chancen auf einen Erfolg, allerdings würde die ganze bürokratische Prozedur sehr viel Zeit nehmen. Zwei weitere We- ge, die vorstellbar sind: der Pass eines anderen Staaten oder ein Diplomatenpass.
Theoretisch hätte Saakaschwili Anspruch auf die niederländische Staatsbürgerschaft, weil seine Frau aus den Niederlanden kommt. »Ich könnte den Pass eines anderen Landes bekommen, das will ich aber nicht. Ich habe nur die ukrainische Staatsbürgerschaft«, sagt der Politiker. Angeblich hat er die USA mit seinem annullierten ukrainischen Pass verlassen und bewegt sich seitdem viel in der EU, zuletzt in Warschau, wo Saakaschwili zwischenzeitlich lebt, und in Kopenhagen. »Überall in Europa treffe ich Ukrainer, die mich weiterhin als einen Mitbürger betrachten – anders als Präsident Poroschenko.«
Vor kurzem hat sich auch Petro Poroschenko selbst, dem Saakaschwili persönliche Rache vorwirft, zu dem Thema geäußert: »Ich habe den Erlass zum Entzug der Staatsbürgerschaft unterschrieben, weil es sich um falsche Angaben handelte. Das würde ich in diesem Fall immer machen – völlig egal, um welche Person es geht.« Nach seinem Rücktritt als Gouverneur von Odessa im November 2016 betonte Saakschwili, Poroschenko führe die Korruption in der Ukraine höchstpersönlich an. Seitdem läuft es zwischen den beiden gar nicht mehr gut. Dabei war es Poroschenko, der Saakaschwili in die Ukraine eingeladen hatte.
Brisant ist auch, dass am 2. September Saakaschwilis Bruder David in Kiew festgenommen wurde. Er sollte aus der Ukraine ausgewiesen werden, weil seine Aufenthaltsgenehmigung sowie die Arbeitserlaubnis angeblich abgelaufen seien. Nachdem der Skandal öffentlich wurde, kam David Saakaschwili wieder auf freien Fuß. Die ukrainische Migrationsbehörde betonte jedoch, sie habe ihre Position nicht geändert. Dass dieser Vorfall nichts mit dem Einreiseversuch von Michail Saakaschwili zu tun hat, lässt sich kaum glauben.