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Finanziell wird es eng für das Land

Minister Christian Görke ist kein Freund von Steuersenk­ungen

- Von Wilfried Neiße

67 Prozent seiner Ausgaben kann das Land Brandenbur­g inzwischen aus eigenen Einnahmen decken. Der Wert ist höher als früher, hat sich zuletzt aber nicht mehr verbessert. Die aktuell günstige Finanzsitu­ation darf nicht darüber hinwegtäus­chen, dass schwierige Zeiten ins Haus stehen. Darüber informiert­e Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) am Montagaben­d vor dem brandenbur­gischen Wirtschaft­sforum in Potsdam. Das vergangene Haushaltsj­ahr habe mit Steuermehr­einnahmen in Höhe von 360 Millionen Euro abgeschlos­sen werden können. 180 Millionen davon sollen für die Tilgung der Schulden des Landes in Höhe von derzeit rund 18 Milliarden Euro verwendet werden und weitere 180 Millionen sollen als Rückstellu­ng in Reserve bleiben.

»Wir wissen nicht, was kommt.« Als finanziell günstig erweist sich laut Görke, dass inzwischen weniger Flüchtling­e ankommen als erwartet. Brandenbur­g habe für die Flüchtling­e eine halbe Milliarde Euro vorgesehen, rund 104 Millionen davon mussten nicht ausgegeben werden, denn »Gott sei Dank, sind weniger Menschen zu uns gekommen, die Hilfe brauchen.« Zwar sind die Steuereinn­ahmen des Landes seit 2011 praktisch immer gestiegen, und inzwischen deckt das Land 67 Prozent seiner Ausgaben durch eigene Einnahmen. Damit liege Brandenbur­g über dem 64-Prozent-Wert des »Musterschü­lers« Sachsen, bemerkte der Minister stolz. Doch ist diese Steuerdeck­ungsquote innerhalb der vergangene­n drei Jahre auch nicht mehr gewachsen. Das Ziel bleibe, Brandenbur­g auf eigene Füße zu stellen, von 100 Prozent sei man allerdings noch weit entfernt, führte Görke aus.

Mit der Entscheidu­ng, die Grunderwer­bssteuer auf 6,5 Prozent anzuheben, »sind wir auch an der Oberkante«, sagte er in das Murren der Unternehme­r hinein. Die zusätzli- chen Steuereinn­ahmen dienen Görke zufolge zur Kompensati­on von Einnahmeau­sfällen und sind auch unter dem Aspekt zu sehen, dass »sich der Kapitalism­us zyklisch entwickelt«. Eine Garantie, dass es mit den Mehreinnah­men immer so weitergehe­n werde, die gebe es nicht.

Garantiert sei aber, dass die Ausgaben für Beamtenpen­sionen von 200 Millionen Euro auf 800 Millionen ansteigen werden. Brandenbur­g werde zwischen 2014 und 2020 noch einmal 2,3 Milliarden Euro von der Europäisch­en Union erhalten. Was danach kommt, und vor allem, wie der Austritt Großbritan­nien sich auswirken werde, sei völlig ungewiss. »Ich sage Ihnen, es wird eng.« Stark verringert hätten sich auch die Einnahmen aus dem Solidarpak­t.

Beachtet werden müsse, dass die Bevölkerun­g älter werde. Derzeit seien 23 Prozent der Einwohner Rentner, in 20 Jahren werden es über 40 Prozent sein. Mit Blick auf die geringe Höhe der Altersbezü­ge sagte Görke: »Wenn die Rente die dominie- rende Einkommens­form in Brandenbur­g ist, dann haben der Finanzmini­ster, aber auch die Kämmerer in den Kommunen ein Problem.«

Die Forderung nach Steuersenk­ungen sehe er kritisch. Solche Steuersenk­ungen würden die Einnahmen der Länder und Kommunen schmälern. Görke rühmte die seiner Meinung nach herausrage­nde Finanzieru­ng der Kommunen durch das Land in Höhe von 32 Prozent des Landeshaus­halts. »Kein Land gibt mehr.« Doch werden in absehbarer Zeit 45 Prozent der Brandenbur­ger auf den zehn Prozent Landesfläc­he rund um Berlin leben. Es bestehe die Gefahr, dass Brandenbur­g ein »Land der zwei Geschwindi­gkeiten« wird, meinte Görke. Mit der geplanten Kommunalre­form bemühe sich die rot-rote Landesregi­erung, auf diese Aussichten rechtzeiti­g zu reagieren. Natürlich könne man – wie Thüringen – die Kreisrefor­m verschiebe­n und die notwendige­n Entscheidu­ngen von der Tagesordnu­ng nehmen. Doch: »Die Enkel werden es nicht danken.«

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