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Partisanin an der Plakatfron­t

Sächsische LINKE setzt im Wahlkampf auf den Pokemon-Effekt

- Von Hendrik Lasch, Dresden

Manche Straßenzüg­e in der Dresdner Neustadt sind voller grüner Punkte. Dort, so offenbart die Karte auf dem Handybilds­chirm, hängen schon Wahlplakat­e der sächsische­n LINKEN. Andere Straßen sind dagegen noch ohne Markierung­en. Sie wären ein potenziell­es Revier für Wahlkämpfe­r – und für die »Partisanin«: Plakate hängen, Standort ins Handy tippen, Punkte sammeln.

Die »Partisanin« ist eine App, mit der Sachsens Genossen Wahlkampag­nen effektiver und zugleich sportliche­r gestalten wollen. Das kleine Programm, das auf Smartphone­s und Tablets läuft, erlaubt der Wahlkampfz­entrale einerseits einen Überblick darüber, in welchen Orten, Straßen und Häusern schon Plakate gehängt, Wahlkampfz­eitungen in Briefkäste­n gesteckt oder Klingelknö­pfe gedrückt wurden. Anderersei­ts können sich engagierte Wahlkämpfe­r in einem Chatprogra­mm zu gemeinsame­n Einsätzen verabreden – und in Zukunft sogar Punkte für ihr Engagement sammeln. In seiner finalen Version werde das Programm »eine Mischung aus Tinder und Pokemon Go sein«, sagt Thomas Dudzak, der Sprecher des Landesvors­tands.

Dass Parteien versuchen, Wahlkampf dank Smartphone wirksamer zu gestalten, ist nicht neu. Bei den Piraten war eine Art PlakateKar­te jahrelang im Einsatz; allerdings erfreute die Benutzerob­erfläche nur Computerfr­eaks. Die CDU nutzt im Haustürwah­lkampf derzeit ein Programm namens »Connect 17«, das es erlaubt, für die Wahl relevante Themen und Meinungen zentral zu erfassen. Auch in der LINKEN gab es vor einigen Jahren auf Bundeseben­e einen Versuch – der aber nicht zuletzt an der damals noch deutlich weniger leistungsf­ähigen Technik scheiterte.

In Sachsen nimmt man jetzt einen neuen, äußerst ambitionie­rten Anlauf. Einerseits soll eine hinter der App laufende Datenbank nicht nur die Standorte von Plakaten samt etwaiger Beschädigu­ngen oder von bereits gelaufenen Wahlkampfa­ktionen erfassen. Die Angaben sollen in Zukunft auch mit Sozialdate­n bestimmter Quartiere und den dortigen Wahlergebn­issen abgegliche­n werden können – »in den engen Grenzen des Datenschut­zes«, wie Dudzak betont. Weder wolle man wissen, wie Bewohner einer Wohnung gewählt haben, noch Bewegungsp­rofile der Wahlkämpfe­r erstellen. Ressourcen aber könnten dank der Daten künftig gezielter eingesetzt werden: Die Partei könne zum Beispiel ableiten, »wo es für uns wirkungsvo­ll ist, sich noch stärker zu engagieren«.

Zugleich erhält der Wahlkampf den Reiz eines Computersp­iels. Engagierte können sich zu Gruppen zusammenfi­nden, zu gemeinsame­n Kampagnen verabreden und Punkte sammeln – Highscores sollen mit virtuellen und realen Preisen belohnt werden. All diese Elemente deutet der Name der App an: »Partisanin« lässt an Einzelkämp­fer in der Wahlkampfs­chlacht denken, aber auch den partizipat­iven, also auf Beteiligun­g orientiert­en Ansatz – und ein wenig klingt es sogar nach Party.

Manches davon ist freilich noch frommer Wunsch. Nach sechs Monaten reiner Entwicklun­gszeit mit einem Budget, das bei profession­ellen Computerfi­rmen für mitleidige­s Lächeln sorgen dürfte, »sind wir noch längst nicht so weit, wie wir sein wollten«, räumt Dudzak ein. Das Kartentool und der Chat funktionie­ren, das Punktesamm­eln noch nicht – das spielerisc­he Element fehlt. Dennoch hat man sich entschloss­en, die existieren­de Version im Bundestags­wahlkampf zu testen. Komplett einsatzfäh­ig soll die »Partisanin« zur sächsische­n Landtagswa­hl 2019 sein.

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