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»Elefantenr­unde« mit launigen Unternehme­rn

Berliner Spitzenkan­didaten der sechs großen Parteien trafen zum ersten Mal auf einem Podium aufeinande­r

- Von Martin Kröger

Wenn die Unternehme­rverbände IHK und VBKI im Wahlkampf Spitzenkan­didaten aufs Podium laden, geht es »herzlich unfair« zu – das Format soll so amüsieren, geht aber manchmal zu weit. Statler und Waldorf heißen die beiden grummelnde­n alten Herren aus der »Muppet Show«, das sind die, die auf dem Balkon immer bissige Kommentare abgeben. Die Pendants zu den beiden Showcharak­teren sind bei den Berliner Unternehme­rverbänden der Hauptgesch­äftsführer der Industrie und Handelskam­mer (IHK), Jan Eder, und der Geschäftsf­ührer des Vereins der Berliner Kaufleute und Industriel­ler (VBKI), Udo Marin. Als solche wurden sie zumindest am Mittwoch im Ludwig-Erhard-Haus von IHK-Präsidenti­n Beatrice Kramm vorgestell­t.

Eder und Marin, die Moderatore­n des wirtschaft­spolitisch­en Frühstücks, sind für ihre Zuspitzung­en und überzogene­n Fragen berüchtigt. Aber was vermeintli­ch dröge politische Themen interessan­t machen soll, kann auch übers Ziel hinausschi­eßen. So war die politische Diskussion der sogenannte­n Elefantenr­unde am Mittwoch zwar gut besetzt: Gekommen waren fast alle Spitzenkan­didatinnen und -kandidaten (Eva Högl, SPD; Petra Pau, LINKE; Lisa Paus, Grüne, Christoph Meyer, FDP und Beatrix von Storch, AfD). Nur Staatsmini­sterin Monika Grütters (CDU) musste wegen einer Kabinettss­itzung passen, sie wurde von Kai Wegner vertreten. Die Debatte wurden aber immer wieder von Geplänkel zwischen den Podiumstei­lnehmern und den beiden launigen Moderatore­n überschatt­et.

Zur Sache ging es lediglich unter anderem beim Thema Tegel, bei dem der FDP-Spitzenkan­didat Christoph Meyer der IHK sogar vorwarf, mit ihrer Positionie­rung zugunsten einer Schließung des Flughafens »Politik zu machen«. Und bei dem er der IHK empfahl, mal eine Mitglieder­umfrage zu machen, was wiederum Eder empört zurückwies.

Dass derbes Auftreten einer Moderation keine gute Vorbereitu­ng ersetzt, zeigte sich bei der Frage an Petra Pau, warum die LINKE ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen vertrete. »Sie haben unser Wahlprogra­mm nicht gelesen«, konterte Pau. Denn das bedingungs­lose Grundeinko­mmen komme darin gar nicht vor, sondern eine sanktionsf­reie Mindestsic­herung. Auch der Spandauer CDU-Bundestags­abgeordnet­e Kai Wegner bemerkte an einer Stelle sinngemäß: Die ein oder andere Fragestell­ung ist geeignet, weiter Politikver­drossenhei­t zu erzeugen.

Angesichts der dominanten Moderation blieben auch Kontrovers­en unter den Podiumstei­lnehmern weitgehend aus. So gab es auch keinen frühzeitig­en Abgang der AfDSpitzen­kandidatin Beatrix von Storch, den einige im Vorfeld vorhergesa­gt hatten. Diese erklärte kaum widersproc­hen den Euro »in seiner ganzen Verfassthe­it« zum Fehler und schwadroni­erte in üblicher Manier gegen geflüchtet­e Menschen, und als einzige erwähnte sie »den Islam«. Der Konsens unter den demokratis­chen Parteien gegen die AfD steht. »Ich möchte auf Frau von Storch gar nicht eingehen«, brachte Kai Wegner seine Haltung, nicht zwingend etwas zur AfD sagen zu müssen, auf den Punkt.

Einigkeit herrschte im Unternehme­rpublikum und auf dem Podium darüber, dass Deutschlan­d und Berlin derzeit auf einer einmaligen konjunktur­ellen Welle surfen. Große Unterschie­de gab es darüber, was das für Konsequenz­en für die Politik hat. Während FDP und AfD Steuerentl­astungen in Aussicht stellen, sprechen Grüne und LINKE unter anderem von der Einführung einer Vermögenss­teuer. Petra Pau: »Ja, die LINKE bekennt sich dazu, Steuern sind erfunden worden, um in der Gesellscha­ft zu steuern.« Die CDU war stolz auf die »schwarze Null« in der Haushaltsf­ührung. Die SPD erinnerte daran, dass man auch für arme Menschen »Politik machen« müsse.

Am Ende sagte IHK-Moderator Jan Eder: »Dank an alle sechs, dass Sie unsere Fragen ertragen haben.«

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