Eine Relaisstation für den amerikanischen Drohnenkrieg
Ohne die Air-Base Ramstein könnten die Vereinigten Staaten keine Drohnenangriffe fliegen. Die Bundesregierung hat davon Kenntnis – und unternimmt nichts.
Die Ramstein Air-Base ist die größte Einrichtung der US Air Force außerhalb der Vereinigten Staaten. Für den Drohnenkrieg ist sie unverzichtbar. Vor einem Jahr war Bewegung in die Debatte um die US-Luftwaffenbasis Ramstein gekommen. Der US-Botschafter hatte gegenüber der Bundesregierung eingestanden, dass der Militärstützpunkt in Rheinland-Pfalz als Relaisstation für Drohnenangriffe dient.
Damit war bestätigt, was der USDrohnenoperator Brandon Bryant zuvor im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages ausgesagt hatte. Ramstein sei »die zentrale Relaisstation« für die Steuerung von Kampfdrohnen, hatte er zu Protokoll gegeben. In Ramstein seien die USMilitärs direkt mit den Drohnen verbunden, die in Pakistan und in Jemen fliegen. Denn die Datenverbindungen mit dem Mittleren Osten und Afrika verlaufen über sichere Standleitungen – Knotenpunkt ist Ramstein. »Wir hätten ohne Ramstein nicht gewusst, wo wir fliegen«, sagte Bryant. Wegen der Erdkrümmung sind die Amerikaner auf eine Auslandsbasis in Europa angewiesen. Die direkte Steuerung der Drohnen vom US-amerikanischen Festland wäre unmöglich.
Die USA hatten immer beteuert, dass von Ramstein aus keine Drohneneinsätze gestartet oder gesteuert werden. Doch das war nur die halbe Wahrheit, wie sich im Sommer 2016 herausstellte. Da verlautbarte das Auswärtige Amt über Staatsminister Michael Roth (SPD) im Bundestag, »dass die globalen Kommunikationswege der USA zur Unterstützung unbemannter Luftfahrzeuge Fernmeldepräsenzpunkte auch in Deutschland mit einschließen.« Über die Air Base Ramstein würden »Signale weitergeleitet«. Zudem nutze man »Fernmelderelaisschaltungen, von denen einige auch in Ramstein laufen«. Roth berichtete, dass die US-Partner offen darüber gesprochen hätten, »dass im Jahr 2015 in Ramstein eine Vorrichtung zur Verbesserung der bereits zuvor vorhandenen Fernmeldeausstattung fertiggestellt worden sei«. Auch seien eine Reihe weiterer Aufgaben für die Planung, Überwachung und Auswertung der unbemannten Luftoperationen hinzu gekommen.
Die Kritiker der Drohneneinsätze waren zunächst zufrieden. Sie hatten nach langem Tauziehen etwas Transparenz erzwungen. Doch die Bundesregierung kümmern die neuen Erkenntnisse wenig – sie unternimmt nichts und begründet es damit, dass ihr die rechtlichen Mittel dazu fehlen.
Theoretisch ließe sich das Treiben in Ramstein jedoch leicht unterbinden. Man müsste nur das NATOTruppenstatut aufkündigen, das den Aufenthalt von US-Truppen in Deutschland regelt. Solche drasti- schen Schritte sind nicht zu erwarten. Staatsminister Roth unterstrich gegenüber dem Linksfraktions-Abgeordneten Andrej Hunko: »Aus der bloßen Tatsache, dass Deutschland den USA Gelände für die Luftwaffenbasis Ramstein zur Verfügung stellt, folgt keine allgemeine Verantwortung für alle Einsätze, nur weil für diese relevante Steuerungssignale möglicherweise auch über Ramstein geleitet werden könnten.«
Weitere Fragen sind bislang in der Öffentlichkeit nicht einmal diskutiert worden. Beispielsweise die Nutzung des Computernetzwerks »Distributed Common Ground System«. Es wird seit 2003 von US-Militärs und Geheimdiensten in Deutschland betrieben und dient der Verarbeitung von Daten, die Überwachungsdrohnen weltweit sammeln. Es handelt sich um ein Nervenzentrum geheim- dienstlich-militärischer Kooperation. Auch für Kampfeinsätze ist es bedeutsam.
Kaum untersucht ist auch das USAfrika-Kommando (AFRICOM), das sich in Stuttgart befindet und einen Gutteil der geheimen Einsätze auf dem Nachbarkontinent plant und in die Tat umsetzt – womöglich sogar Drohneneinsätze in afrikanischen Ländern wie Somalia.
Auch ist ungeklärt, ob Daten, die deutsche Nachrichtendienste an die US-Partner übermittelt haben, genutzt werden, um Angriffsziele für Kampfdrohnen aufzuspüren. Unter Völkerrechtlern herrscht die Auffassung, dass Tötungen durch Drohnen völkerrechtswidrig sind. Der NSA-Untersuchungsausschuss hatte in der vergangenen Legislaturperiode die Frage aufgeworfen. Sie ist unbeantwortet geblieben.
»Wir hätten ohne Ramstein nicht gewusst, wo wir fliegen.« US-Soldat Brandon Bryant