nd.DerTag

Zögerliche Spionage-Abwehr

Sebastian Bähr über den langen Arm von Erdogan in Deutschlan­d

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Ein türkischer Staatsbürg­er hat in Bremen einen kurdischen Aktivisten ausspionie­rt und womöglich sogar seinen Tod geplant. Im Gerichtsaa­l gab er zu, mit dem türkischen Geheimdien­st MIT zusammenge­arbeitet zu haben. Dass es nun endlich mal gelungen ist, einen Spion Ankaras auf einer Anklageban­k sitzen zu haben, ist eine gute Nachricht. Die Aktivitäte­n der türkischen Sicherheit­sbehörden stellen in Deutschlan­d eine ernstzuneh­mende Gefahr für alle Gegner Erdogans dar. Einschücht­erung, Verleumdun­g und Gewalt sollen auch im Ausland die Opposition mundtot machen. Dafür mobilisier­t die Türkei eine regelrecht­e Armee von mehr als 6000 Spitzeln und Hunderten hauptberuf­lichen Spionen.

Gleichzeit­ig zeigt der Fall aber auch die Inkonseque­nz der deutschen Behörden. Im Kleinen: Monatelang hatte man die Warnungen des Bespitzelt­en ignoriert. Als Nebenkläge­r wurde er abgewiesen. Trotz wichtiger Hinweise stellte der Staatsanwa­lt die Ermittlung­en zu den Mordplänen ein. Im Großen: Bis heute weigert sich die Regierung, die polizeilic­he und geheimdien­stliche Zusammenar­beit mit der Türkei zu beenden. Von Spionageve­rfahren betroffene Imame des Religionsv­erbandes Ditib lässt man ausreisen. Infiltrier­ungsversuc­he von Behörden spielt man herunter. Erdogans langer Arm in Deutschlan­d wird nur gekniffen, nicht geschlagen.

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Zeichnung: Rainer Hachfeld

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