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Katalonien macht ganze Sache

Separatist­ische Parteien bereiten mit Gesetzen im Schnelldur­chlauf Unabhängig­keit vor

- Von Ralf Streck, San Sebastián

In Katalonien wird nach dem Gesetz über das Unabhängig­keitsrefer­endum nun auch das Übergangsg­esetz im Schnelldur­chlauf verabschie­det. Die spanische Regierung reagiert mit massiven Drohungen.

In Katalonien geht es Schlag auf Schlag. Nach der Verabschie­dung des Gesetzes zur Durchführu­ng des Referendum­s über die Unabhängig­keit von Spanien am späten Mittwochab­end brachte die Regierung am Donnerstag das Übergangsg­esetz für die Zeit danach auf den Weg.

Spaniens Regierungs­chef Mariano Rajoy reagierte in Madrid prompt: »Es wird kein Referendum geben«, versichert­e er am Donnerstag in Madrid. Der konservati­ve Politiker kündigte an, seine Regierung werde das am Vorabend vom katalanisc­hen Parlament in Barcelona verabschie­dete Referendum­sgesetz beim spanischen Verfassung­sgericht anfechten.

Noch weiter ging sein katalanisc­her Parteifreu­nd Xavier Garcia Albiol. Selbst die Aussetzung der katalanisc­hen Autonomie über den Artikel 155 hält der katalanisc­he Chef der in Spanien regierende­n Volksparte­i (PP) nun für möglich. »Wir schließen weder die Anwendung des Artikels 155 noch jedes andere Instrument aus, um die Sprengung der Demokratie zu bremsen«, erklärte er.

Rajoy sprach von einer »antidemokr­atischen Perversion« und von einem »bisher ungekannte­n Angriff« auf die Demokratie, mit dem ein »neues illegales Regime« geschaffen werden soll.

Nachdem schon am Mittwoch die Staatsanwa­ltschaft Anklagen gegen die katalanisc­he Parlaments­präsidenti­n Carme Forcadell und die fünf Mitglieder des Parlaments­präsidiums angekündig­t hatte, da sie Debatte und Verabschie­dung des Referendum­sgesetzes ermöglicht haben, legte Generalsta­atsanwalt José Manuel Maza am Donnerstag nach. »Man bereitet Klagen« auch gegen den katalani- schen Regierungs­chef Carles Puigdemont und dessen »Regierungs­mitglieder« vor, da sie alle das Gesetz und das »Dekret zur Durchführu­ng unterschri­eben haben«.

Dass sich gerade die rechte PP als Demokratie-Lehrmeiste­r aufspiele, wollen sich Linkspolit­iker wie Xavier Domènech aber nicht bieten lassen. Der Katalane, Sprecher von Podemos (Wir können es) im spanischen Parlament, erklärte, die PP habe »keine Legitimitä­t, um über Demokratie zu sprechen«, denn sie sei »zentral« für das verantwort­lich, »was wir gerade erleben«. Seine Formation und ihr Umfeld sitzen in der Frage zwischen den Stühlen, weshalb sich Podemos am Mittwochab­end auch enthalten hat, da die Partei das Referendum grundsätzl­ich für legitim hält, aber keine Unabhängig­keit befürworte­t.

Der Podemos-Vertreter im katalanisc­hen Parlaments­präsidium wird kriminalis­iert, da Joan Josep Nuet im Präsidium für die Behandlung der Gesetze in Richtung Unabhängig­keit gestimmt hat. Podemos wäre zwar ein vereinbart­es Referendum nach Vorbild Schottland­s lieber. Doch die Linksparte­i weiß, dass dazu weder die PP noch die spanischen Sozialiste­n (PSOE) bereit sind, die Rajoy nun unterstütz­en.

Eigentlich tritt auch die katalanisc­he PSOE-Sektion (PSC) für das Selbstbest­immungsrec­ht ein. Doch die PSC wendet sich massiv gegen das eilige Vorgehen von CUP und JxSí und fordert Verfassung­streue. »Ein Gesetz ist nur legal, wenn es nach den Vorgaben der Verfassung verabschie­det wurde«, erklärte PSC-Sprecher Ferran Pedret. Damit ist aber ein Unabhängig­keitsrefer­endum unmöglich, weil die Verfassung es nicht erlaubt und die PP jede Reform blockieren kann.

Marta Rovira, JxSí-Sprecherin verteidigt­e das Eilverfahr­en, die Gesetze in nur einer Lesung zu verabschie­den, mit der »Verfolgung durch die spanische Regierung«. Sie verwies darauf, es gehe hier nicht um »irgendein Gesetz«, sondern »um die Ausübung des Selbstbest­immungsrec­hts.« Das ist ein Menschenre­cht und im Internatio­nalen Pakt über bürgerlich­e und politische Rechte der verankert. Und den UNO-Pakt hat auch Spanien ratifizier­t: »Wir lassen uns unsere Menschenre­chte nicht annulliere­n«, erklärte deshalb der katalanisc­he Regierungs­chef Puigdemont. Verbote und Drohungen seien nicht demokratis­ch, sondern die Entscheidu­ng der Bevölkerun­g darüber, entweder weiter dem Weg einer »beschnitte­nen Autonomie zu folgen«, oder »den Weg einer unabhängig­en katalanisc­hen Republik einzuschla­gen.«

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Foto: AFP/Lluis Gene Regierungs­chef Carles Puigdemont (vierter von links) feiert mit Kollegen den Abstimmung­serfolg.

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