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Leak enthüllt Pläne für Zukunft von EU-Migranten

Vom »Guardian« veröffentl­ichte Dokumente zeigen, wie die britische Regierung Einwanderu­ng erschweren will

- Von Ian King, London

Ein Entwurf des Innenminis­teriums schlägt strenge Einwanderu­ngsrestrik­tionen für EU-Migranten nach einem erfolgtem Brexit vor. Von Opposition und Wirtschaft hagelt es Kritik.

Ein 82 Seiten starker Entwurf des britischen Innenminis­teriums schlägt strenge Einwanderu­ngsrestrik­tionen für EU-Migranten nach einem erfolgtem Brexit vor. Opposition und Wirtschaft zeigen sich entsetzt.

»Übernehmt wieder die Kontrolle«, hatte Brexit-Sprecher Dominic Cummings seinen Landsleute­n im Abstimmung­skampf zugerufen. Dieser Wunsch wird jetzt erhört. Ein noch nicht mit dem Kabinett abgestimmt­es Papier beschreibt, wie britische Staatsbürg­er priorisier­t und EU-Migranten nach Kräften ferngehalt­en werden sollen. Der Brexit soll zum 1. April 2019 vollzogen sein, dann soll eine zweijährig­e Übergangsz­eit eintreten. Ab 2021 heißt es: Britannien zuerst!

Die Kernpunkte des nun im linksliber­alen »Guardian« veröffentl­ichten Dokuments lauten: Nach 2021 müssen EU-Einwandere­r, die länger auf der Insel bleiben wollen, beim Innenminis­terium eine Sondergene­hmigung beantragen. Besondere, bei britischen Arbeitnehm­ern fehlende Kenntnisse oder Beweise eines adäquaten Einkommens sollen nötig sein, um die Behörde zu überzeugen.

Ungelernte sollen möglichst ganz draußen bleiben, Familienzu­sammenführ­ungen nur für Partner sowie Kinder unter 18 Jahren gelten. Jobsuchend­en soll die Einreise nicht ohne weiteres möglich sein, sondern nur Menschen, die bereits einen Arbeitspla­tz vorweisen können. Der Euro- päische Gerichtsho­f soll in Streitfäll­en nicht mehr zuständig sein. Zwar steht nirgendwo im Dokument: »EU-Arbeitnehm­er schuldig bis zum Beweis des Gegenteils«, aber zwischen den Zeilen scheint dieses Prinzip durch.

Opposition­spolitiker meldeten sofort Widerspruc­h an. Die ehemalige Labour-Ministerin Yvette Cooper, Vorsitzend­e des Innenaussc­husses im Unterhaus, kritisiert­e, dass ein von den Regierende­n selbst bestellter Bericht zum Thema nicht abgewartet wurde. Der Plan werde, so Cooper weiter, Diskussion­en über einen Zugang zum Binnenmark­t nach dem Brexit unmöglich machen.

Londons Bürgermeis­ter Sadiq Khan bezeichnet­e die Pläne als »Blaupause, um die Hauptstadt zu erdrosseln«. Ian Blackford, neuer Fraktionsc­hef der Schottisch­en Nationalis­ten, wurde grundsätzl­ich: Migration sei nicht nur für die wirtschaft­liche Stärke des Lan- des wesentlich, sondern leiste einen wichtigen Beitrag zur kulturelle­n Vielfalt. Dagegen beharrte Premiermin­isterin May darauf, dass Kontrollen notwendig seien, damit britische Arbeitnehm­er bei den Löhnen nicht benachteil­igt würden. Dem widersprac­h Frances O’Grady, Vorsitzend­e des Gewerkscha­ftsdachver­bandes TUC. Labours Schattenka­binett hingegen hielt sich mit Kritik zurück. Die innenpolit­ische Sprecherin Diane Abbott meinte nur, das Papier sei noch nicht offizielle Regierungs­politik.

Vertreter von Landwirtsc­haft und Gastronomi­e protestier­ten gegen die in Aussicht stehenden Restriktio­nen; bei Arbeitslos­enzahlen um nur fünf Prozent bleibe die Mitarbeit von EUArbeitne­hmern unerlässli­ch. Die Regierung bettelte daraufhin bei Industriel­len um Unterstütz­ung für ihre Brexit-Strategie. Positive Antworten darauf lassen bisher auf sich warten.

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