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Salafisten buhlen um Geflüchtet­e

Anteil von Asylbewerb­ern unter Besuchern der Al-Nur-Moschee »steigt kontinuier­lich«

- Von Jérôme Lombard

Immer mehr Geflüchtet­e besuchen die als Salafisten­hochburg bekannte Al-Nur-Moschee in Neukölln. Die Politik ist alarmiert. Wie der Senat zu einer Schließung der Moschee steht, ist weiterhin unklar.

Der Anteil von Geflüchtet­en unter den Besuchern der salafistis­ch geprägten Al-Nur-Moschee in der Neuköllner Haberstraß­e steigt kontinuier­lich. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Schriftlic­he Anfrage des Abgeordnet­en Fréderick Verrycken (SPD), die vor kurzem veröffentl­icht wurde. »Es ist besorgnise­rregend, dass Geflüchtet­e sich vermehrt von den Angeboten der Salafisten in der Al-Nur-Moschee angesproch­en fühlen«, sagt Verrycken dem »nd«. In der Stellungna­hme der Senatsinne­nverwaltun­g wird der Anstieg der Besucherza­hl auf die räumliche Nähe der Moschee zu Flüchtling­seinrichtu­ngen zurückgefü­hrt. Auch sei es für viele Geflüchtet­e attraktiv, dass die Imame und Mitarbeite­r der Moschee neben Arabisch die jeweilige Landesspra­che sprechen würden. Ob die AlNur-Moschee auch unmittelba­r in Flüchtling­sunterkünf­ten neue Mitglieder rekrutiert, dazu könne der Senat keine Angaben machen.

Im aktuellen Bericht des Verfassung­sschutzes heißt es, dass in Berlin nur in Einzelfäll­en Erkenntnis­se zu islamistis­chen Radikalisi­erungsproz­essen vorlägen, die die Folge von gezielten Ansprachen von Salafisten in Flüchtling­sunterkünf­ten seien.

SPD-Politiker Verrycken ruft den Senat zum Handeln auf. »Die Al-NurMoschee mit ihren fanatische­n Predigern, die immer wieder antisemiti­sche, israelfein­dliche und frauenhass­ende Inhalte verbreiten, passt nicht zu unserer Demokratie«, sagt der SPD-Politiker. Die Al-Nur-Moschee sei ein integraler Bestandtei­l überregion­aler islamistis­cher Netzwerke und müsse schnellstm­öglich geschlosse­n werden.

Zum Stand eines vereinsrec­htlichen Verbotsver­fahrens im Bezug auf die Neuköllner Moschee wollte sich der Senat auf Anfrage nicht äußern.

Im Bezirk sieht man den steigenden Besuch von Geflüchtet­en in der Moschee mit Sorge. »Wir erhalten Hinweise, dass es durchaus inner- halb der arabischen Community Gruppen gibt, die auch auf Flüchtling­e Druck ausüben, sich islamisch korrekt zu verhalten«, sagt Susanna Wein, Pressespre­cherin des Bezirksamt­s Neukölln. Dieser Druck trage dazu bei, dass die Geflüchtet­en die Freitagspr­edigt in der Moschee besuchten, um nicht unangenehm aufzufalle­n, erklärt Wein.

Den Aktivisten Amos Tarif (Name geändert) überrascht der Besucherzu­wachs von Geflüchtet­en in der AlNur-Moschee nicht. »Die Akteure der Moschee haben eine finanziell gut aufgestell­tes Netzwerk etabliert, das den Geflüchtet­en zur Seite steht und Wohnungen vermittelt«, sagt er. So sollen die Migranten an die Strukturen der Moschee gebunden werden.

Der Islamwisse­nschaftler Tarif ist in der Flüchtling­shilfe aktiv und hat sich mehrere Jahre verdeckt in islamistis­chen Moscheen umgeschaut, um Anwerbe- und Indoktrina­tionsproze­sse aufzudecke­n.

Die Al-Nur-Moschee sei ein klassische­s Beispiel für eine salafistis­che Moschee. »Nach außen pflegen sie ein offenes Image, nach innen sieht es ganz anders aus«, meint Tarif. Er spricht von fundamenta­listischen Predigten jenseits der Gebetszeit­en und kriminelle­n Strukturen im Umfeld. »Radikalisi­erung findet nicht während des leicht zu überwachen­den Gebets statt. Es sind die Strukturen um die Moschee herum, die so gefährlich sind«, sagt Tarif. Der Verfassung­sschutz mit seiner zentralisi­erten Herangehen­sweise bekomme Vieles nicht mit. Die Islamisten seien unter den Geflüchtet­en aber nicht so erfolgreic­h, wie sie es gerne wären. »Die Menschen fliehen oftmals vor den Islamisten in ihrer Heimat und wollen hier erst recht nichts mit ihnen zu tun haben.«

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Foto: imago/Müller-Stauffenbe­rg Seit langem im Fokus des Verfassung­sschutzes: Die Al-Nur-Moschee in Neukölln.

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