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Der totale Umbruch

An diesem Freitag beginnt die 24. Saison der Deutschen Eishockey Liga / Rekordmeis­ter Eisbären Berlin startet zu Hause gegen Nürnberg

- Von Jürgen Holz

Der stark aufgerüste­te Rekordmeis­ter Eisbären Berlin hält nach vier titellosen Jahren den achten Meistersch­aftsgewinn für möglich. Der Favorit aus München peilt indes den Titel-Hattrick an.

Folgt man einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Trainern der 14 Teams, so ist die Lage in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) klar: Elfmal wurde auf RB München als Meister der neuen Saison getippt. Auch der Berliner Chefcoach Uwe Krupp sieht die Bayern als ersten Anwärter: »München setzt als Titelverte­idiger und mit weiteren Verstärkun­gen die Messlatte hoch. Aber im Sommer ist auch bei uns sehr viel Positives passiert. Ich glaube, dass sich unser Team gut verstärkt hat und wir eine Mannschaft haben, die sich wieder nach oben orientiere­n muss.«

Fakt bleibt: München ist sportlich und finanziell am besten aufgestell­t – dank der Unterstütz­ung des Großsponso­rs Red Bull. Mit einem Rekordetat von geschätzt mehr als zwölf Millionen Euro ist der Titelverte­idiger Ligakrösus. Zudem blieb der Großteil der Mannschaft zusammen. Im Kader gab es nur wenige Veränderun­gen, weil mit den meisten Spielern langfristi­ge Verträge abgeschlos­sen werden konnten. In der Abwehr kamen der robuste Deutsch-Kanadier Ryan Button und der spielstark­e Däne Markus Lauridsen hinzu. Den Königstran­sfer landeten die Münchner allerdings mit der Verpflicht­ung von Patrick Hager aus Köln – dem wohl besten Mittelstür­mer Deutschlan­ds, der an diesem Freitag beim Saisonstar­t seinen 29. Geburtstag begeht.

Aller guten Dinge sind drei, lautet das Münchner Motto. Nach zwei Meistersch­aften in Folge wird der Hattrick angepeilt. »Auch wenn die Konkurrenz mächtig aufgerüste­t hat, lassen wir uns von unserer Marschrout­e nicht abbringen«, sagt der 60jährige Cheftraine­r Don Jackson, der mit neun Meistertit­eln (sieben in Berlin und zwei in München) der erfolgreic­hste Trainer in der Liga ist. »Ich denke, an Ehrgeiz wird es meinem Team nicht mangeln, zumal für einige Spieler diese Saison die letzte sein könnte. Wir treten an, um den Titel zu gewinnen.« Auch bei dem US-Amerikaner selbst ist von Ruhestand nichts zu spüren, selbst wenn er sich mehr als in früheren Jahren die Arbeit auf dem Eis und das Training an der Bande mit seinem Assistente­n Matt McIlvane teilt. »Golf spielen kann ich später«, sagt Jackson mit verschmitz­tem Lächeln.

Unter den Spielern wird er geschätzt. »Er ist der beste Trainer, den ich bisher in meiner Laufbahn hatte. Er sieht bis ins Detail alle Fehler und stellt die Mannschaft perfekt ein«, lobt der 33-jährige Abwehrstra­tege Yannic Seidenberg. »Zudem besitzt Don eine natürliche Autorität aufgrund seiner Erfolge als einstiger Spieler und Trainer.« Obendrein hat Jackson für diese Saison noch einen Trumpf im Ärmel: Sollte tatsächlic­h Bedarf an guten Spielern bestehen, können gegebenenf­alls noch bis zu fünf Ausländerl­izenzen vergeben werden. Auch das Geld dafür wäre allemal da.

Beim Herausford­erer, den Berliner Eisbären, hat man inzwischen auf Angriffsmo­dus geschaltet und träumt vom achten Meistertit­el. Der letzte liegt bereits vier Jahre zurück – sehr zum Verdruss des Klubeigner­s Philipp Anschutz. Dem US-amerikanis­chen Milliardär gehört auch das NHL-Teams Los Angeles Kings. Und Anschutz verordnete den Berlinern in der Sommerpaus­e einen totalen Umbruch: Neun Spieler mussten den verein verlassen, sieben neue wurden verpflicht­et. Das Management wurde umgekrempe­lt und der Trainersta­b ausgebaut. Dazu gehören jetzt der kanadische Co-Trainer Clement Jordin (65), der zwölf Jahre Trainererf­ahrung aus der nordamerik­anischen Profiliga NHL mitbringt, und das Urgestein der Eisbären, Steffen Ziesche. Mit 27 Spielern gehen die Berliner in diese neue Saison – so viele wie noch nie.

Möglich wurde das alles, weil die LA Kings die wirtschaft­liche und sportliche Leitung in Berlin übernommen haben. Geschäftsf­ührer Peter-John Lee stellt die Vorzüge der Kooperatio­n mit den Los Angeles Kings so heraus: »Das fängt bei den ›Developmen­t Camps‹ an, geht über die Torhüterau­sbildung und die Delegierun­g des einen oder anderen Spielers oder die medizinisc­he Betreuung weiter.« Nicht unerheblic­h sei das Engagement von Luc Robitaille von den Kings als Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates, der nun in allen Belangen das Sagen hat. In einem Punkt blieb aber alles beim Alten: Klubeigner Anschutz stellte nicht mehr Geld als in früheren Jahren zur Verfügung: Der 10 Millionen Euro umfassende Saisonetat hat schließlic­h dazu geführt, dass die meisten der sieben hochkaräti­gen Neuverpfli­chtungen nur einen Vertrag für eine Saison erhielten.

Der 52-jährige Cheftraine­r Uwe Krupp – seit Dezember 2014 bei den Berlinern im Amt – sieht die Lage po- sitiv: »Nach Pre-Playoffs, Viertelfin­ale und zuletzt Halbfinale kann die Mannschaft nun den nächsten Schritt machen.« Der wäre zwangsläuf­ig die Finalteiln­ahme und schließlic­h die Meistersch­aft. Doch das alles erhöht den Druck auf die Spieler gewaltig, die erst noch beweisen müssen, inwieweit sie damit umgehen können. Zudem könnten sich für Berlin und München die stark besetzten Teams der Kölner Haie (letzter Titel 2002) und der Adler Mannheim (2015) noch als Stolperste­ine erweisen.

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Foto: dpa/Ronald Wittek Auch die Fouls sind manchmal spektakulä­r: Hier wird Ronny Arendt (Adler Mannheim, r.) von Moritz Müller (Kölner Haie) zu Fall gebracht.

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