nd.DerTag

»Macht weiter so!«

Martin Ling über den appellativ­en Charakter des Papstbesuc­hes in Kolumbien

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Die Erwartunge­n an den Papst in Kolumbien sind allseitig groß. »Seit seinem ersten Schritt in meinem Land spürte ich, dass er etwas ändern wird.« So begrüßte ihn in einem offenen Brief beispielsw­eise der ehemalige Oberkomman­dierende FARC-Guerilla Rodrigo Londoño alias »Timoleón Jímenez«.

Ob und wie viel der Papst in Kolumbien in Bezug auf den durchaus fragilen Friedenspr­ozess zu bewegen vermag, werden Historiker einst zu beurteilen haben. Dass die katholisch­e Kirche ein gewichtige­r Faktor in Kolumbien ist, lässt sich nicht bestreiten. Und dieser Faktor spielte und spielt durchaus eine ambivalent­e Rolle in Kolumbiens bewaffnete­m internen Konflikt von 1964 bis 2016 und dem Friedenspr­ozess seitdem. Große Teile des Klerus waren und sind mit der Oligarchie freundscha­ftlich verbunden und nahmen nie Anstoß an der ungleichen Einkommens- und insbesonde­re Landvertei­lung, die den Anstoß für Gründung und Kampf der kleinbäuer­lich geprägten FARCGueril­la gaben. Bis heute geht der Riss mitten durch die Bischofsko­nferenz, ob dieser Friedenspr­ozess ein Segen oder doch eher des Teufels sei.

Papst Franziskus hat zum Auftakt seines Besuches sich klar für den Friedenspr­ozess positionie­rt: »Macht weiter so!« Über 90 Prozent der Kolumbiane­r sind Katholiken. Wenn er ein paar Zweifler und Skeptiker mit seinem Besuch gewinnt, hilft das auf alle Fälle weiter. Hinderniss­e gibt es eh genug.

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