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Frankreich geht langsam voran

Regierung beschließt Ausstieg aus der eigenen Gas- und Ölförderun­g

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Frankreich nimmt das Pariser Klimaabkom­men ernst – das soll ein Gesetz zeigen, das die eigene Öl- und Gasförderu­ng beendet. Allerdings hatte diese gar keinen großen Anteil an der Energiever­sorgung. Die französisc­he Regierung hat in dieser Woche auf Vorschlag von Umweltmini­ster Nicolas Hulot einen Gesetzvors­chlag verabschie­det, dem zufolge keine Konzession­en für die Suche und Förderung von Gas und Öl auf dem Territoriu­m des Landes mehr erteilt werden. Die gegenwärti­gen Konzession­en, die etappenwei­se ab dem Jahr 2019 auslaufen, werden nicht mehr erneuert. Damit wird in Frankreich ab 2040 kein Erdgas oder -öl mehr gefördert. Die Vorkommen im eigenen Land haben bisher allerdings nur etwa ein Prozent des Bedarfs gedeckt.

Darum ist die Maßnahme vor allem als politische­s Signal zu verstehen, dass Frankreich bei der Umsetzung der Beschlüsse des Pariser Klimagipfe­ls vom Dezember 2015 mit gutem Beispiel vorangehen will. Die Entscheidu­ng ist aber auch Teil des langfristi­gen Vorhabens der Regierung, im Interesse des Klimas bis 2030 den Verbrauch fossiler Rohstoffe in Frankreich um 30 Prozent zu senken. »Das beste Mittel dazu ist es, sie im Boden zu lassen und gar nicht erst zu fördern«, betonte Nicolas Hulot. Stattdesse­n sollen Alternativ­en wie Wind- und Sonnenener­gie in Frankreich planmäßig entwickelt werden, um schrittwei­se auch den Import und Verbrauch von Öl und Erdgas und die entspreche­nde CO2-Abgabe zu drosseln. Wie schon das 2015 verabschie­dete Gesetz über den Energiewan­del festlegt, sollen schrittwei­se auch Kernkraftw­erke stillgeleg­t werden, die heute noch fast drei Viertel der Stromerzeu­gung Frankreich­s gewährleis­ten, während es 2025 nur noch 50 Prozent sein sollen.

Das jetzt auf den Weg gebrachte neue Gesetz verbietet auch die Suche nach oder die Förderung von Schieferga­s. Entspreche­nde Vorkommen werden von Geologen vor allem im Zentralmas­siv, in der Bretagne und in den Pyrenäen vermutet. Damit wird ein Schlussstr­ich unter die seit Jahren geführte Debatte um das Für und Wider dieser Energieres­erve gezogen, die viel zur Unabhängig­keit Frankreich­s von Importen hätte beitragen können, deren Gefahren für die Umwelt aber unkalkulie­rbar hoch wären.

Die Öl- und Gasförderu­ng im eigenen Land macht gegenwärti­g noch einen Jahresumsa­tz von 270 Millionen Euro und bietet 1500 direkte Arbeitsplä­tze. Dabei entfallen drei Viertel des Volumens, das sind jähr- lich 815 000 Tonnen geförderte­s Öl, auf die kanadische Firma Vermilion, die seit 20 Jahren in Frankreich tätig ist. Dem französisc­hen Konzern Total ist dieses Geschäft offensicht­lich zu geringfügi­g. Darum kommen die anderen Akteure – IPC-Lundin, SPPE, Geopetrol, Bridge Oil und Oelweg – alle aus dem Ausland. Sie verfügen zur Zeit noch über 31 Lizenzen für die Öl- oder Gassuche und 63 Konzession­en für die Förderung. Die Vorkommen konzentrie­ren sich auf die Pariser Region, Elsass und Südwestfra­nkreich.

Um die Belastung der Atmosphäre durch CO2-Emissionen zu drosseln, setzt das Gesetz aber auch Anreize für die laufende Diskussion um die Förderung anderer Rohstoffe, über die Frankreich noch verfügt. So wäre es heute mit modernen und entspreche­nd wirtschaft­lichen Technologi­en durchaus möglich, Reste der Steinkohle­nvorkommen vor allem in Nordfrankr­eich und in geringerem Maße auch im Süden des Zentralmas­sivs zu fördern, wo man den unrentabel gewordenen Abbau vor 20-30 Jahren eingestell­t hat. Auch kleinere Kohlevorko­mmen in der Bretagne, deren Abbau früher nie ernsthaft erwogen worden war, könnte man heute gewinnbrin­gend fördern.

Doch auch hier setzt das neue Gesetz allen Spekulatio­nen ein Ende. Das stimmt überein mit der kürzlich erfolgten Ankündigun­g von Premier Edouard Philippe, dass die letzten vier großen Kohlekraft­werke, die der Energiekon­zern Electricit­é de France bisher noch für Spitzenbed­arfszeiten unterhielt, in naher Zukunft stillgeleg­t werden.

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Foto: AFP/Christophe Archambaul­t Ölförderan­lage der kanadische­n Firma Vermilion in Andrezel, rund 50 Kilometer von Paris

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