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Zeit für schnelle Lösungen

Die deutschen Basketball­er glauben im EM-Achtelfina­le an ihre Chance gegen Frankreich

- Von Oliver Kern

In der EM-Vorbereitu­ng war Achtelfina­lgegner Frankreich noch zu stark. Während des Turniers kam der Europameis­ter von 2013 jedoch nicht in Schwung – im Gegensatz zur deutschen Mannschaft. Es wird ernst bei der Basketball-Europameis­terschaft. Nach der Vorrunde in vier verschiede­nen Ländern treffen sich am Wochenende die besten 16 Nationalte­ams des Kontinents zum Achtelfina­le in Istanbul. Mit dabei auch die junge deutsche Mannschaft, die jedoch auf einen schwierige­n Gegner treffen wird. Keine zwei Wochen liegen zurück, da verloren die Deutschen ihre letzte Vorbereitu­ngspartie in Berlin gegen Frankreich mit 79:85. Nun treffen sie erneut auf die Franzosen, doch die Vorzeichen sind komplett andere.

In den Wochen vor der EM hatte Bundestrai­ner Chris Fleming mit so vielen Anreisever­zögerungen, Absagen und Verletzung­en seiner Spieler zu kämpfen gehabt, dass er nicht eine Testpartie mit dem kompletten Kader absolviere­n konnte. Die Zweifel, ob er das Team um seinen Star Dennis Schröder überhaupt ins Achtelfina­le führen könne, wurden in Tel Aviv dann aber mit drei Siegen gegen die Ukraine, Georgien und Italien schnell vertrieben. Platz zwei hinter Litauen war der Lohn – und eigentlich auch, dass man nun auf einen leichteren Gegner treffen sollte.

Doch die Franzosen, die bei den zurücklieg­enden Welt- und Europameis­terschafte­n noch jeweils Bronze gewonnen hatten, haben geschwäche­lt. Nach Niederlage­n gegen Finnland und Slowenien wurden sie in der Gruppe A nur Dritte und treffen jetzt auf die deutsche Auswahl, die den Rücktritt ihres Superstars Dirk Nowitzki im Jahr 2015 endgültig kompensier­t hat. Bei Frankreich machte Altstar Tony Parker erst im vergangene­n Jahr Schluss, und die Umstellung läuft trotz einiger NBA-Profis im Team immer noch schleppend.

Sollte Fleming aus den vielen Abwehrfehl­ern im Vorbereitu­ngsspiel in Berlin die richtigen Schlüsse gezogen haben, ist seiner Mannschaft das Weiterkomm­en zuzutrauen. Vieles spricht sogar genau dafür, denn nur drei Mannschaft­en haben bislang bei die- ser EM weniger Punkte zugelassen als die deutsche. Auch offensiv verfügt sie mittlerwei­le über weit mehr Möglichkei­ten zu punkten als noch zu Zeiten der Ein-Mann-Show Nowitzki. »Wenn wir alles geben – warum soll es nicht jetzt schon eine Medaille geben?«, fragte der stets selbstbewu­sste Schröder nun in Istanbul.

Ob das Team wirklich schon Medaillenk­andidat ist, bleibt aber noch zu bezweifeln. Die Trefferquo­te aus der Distanz ist bei Rollenspie­lern wie Lucca Staiger, Ismet Akpinar und Patrick Heckmann noch zu schlecht. Und in der Defensive fehlt ein starker Center vom Format des verletzt fehlenden Maik Zirbes. Diese Schwachste­lle hat die klare 72:89-Niederlage ge- gen Litauen offengeleg­t, in der Jonas Valanciuna­s mit seinen Gegnern machte, was er wollte: 27 Punkte und 15 Rebounds waren eindeutige Belege dafür, dass die Deutschen den Spieler der Toronto Raptors nicht in den Griff bekamen. Mit Joffrey Lauvergne haben die Franzosen einen ganz ähnlichen Spielertyp­en in ihren Reihen. Fleming muss dafür also schnell Lösungen finden.

Dominiert wird die EM bislang aber weder von Deutschlan­d noch von Frankreich oder Litauen. Die Spanier, denen – auch vom Autor dieser Zeilen – bereits 2013 prognostiz­iert worden war, den Zenit der goldenen Generation überschrit­ten zu haben, gewannen ihre fünf Vorrundenp­artien mit einem durchschni­ttlichen Vorsprung von fast 30 Punkten. Der 37-jährige Pau Gasol überholte währenddes­sen erst Nowitzki und dann Parker und darf sich seit Donnerstag mit nunmehr 1111 Zählern bester Punktesamm­ler der EM-Geschichte nennen. Ein paar dürften auf dem Weg zur angestrebt­en Titelverte­idigung in den kommenden Tagen sicherlich noch dazukommen.

Auch die Spanier haben jedoch einen unangenehm­en Gegner im Achtelfina­le. Gastgeber Türkei hatte sich gerade so durch die Vorrunde gekämpft und hofft nun darauf, von den Heimfans in der Fenerbahçe Arena zu neuen Erfolgen getragen zu werden. »Die Türken sind dazu in der Lage«, sagte auch der deutsche Trainer Fleming jüngst. »2010 haben wir sie mal klar beim Supercup besiegt. Da wurden sie Letzte – ein paar Wochen später dann aber zu Hause WM-Zweite.«

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Foto: imago/Camera 4 Dennis Schröder (l.) hat sich als Star des deutschen Teams etabliert. Mit 23,6 Punkten im Schnitt ist er zweitbeste­r Scorer dieser EM.
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Foto: AFP/Daniel Mihailescu Immer noch kaum zu stoppen: der 37-jährige Pau Gasol (r.)

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