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Genosse Käsemacher

Besuch in der ältesten Sennerei Bayerns

- Von Lisa Forster, Blaichach dpa

50 Cent bekommt ein Bauer für einen Liter Milch, den er der Käserei in Gunzesried bei Blaichach liefert. Dort, in der ältesten Sennerei Bayerns, sind die Milchpreis­e stabil, sagt Vorstandsm­itglied Peter Haslach – im Unterschie­d zum regulären Milchmarkt, wie er hinzufügt. Doch nicht nur für die Bauern ist die Zulieferun­g an die 125 Jahre alte Sennerei lukrativ. Auch bei Verbrauche­rn kommt der regional produziert­e Käse gut an.

Der reguläre Milchpreis in Bayern lag im Juli bei rund 36 Cent. »Wir sind dazu da, dass der Bauer ein gutes Milchgeld kriegt«, sagt Haslach. Seine Käserei ist als Genossensc­haft organisier­t, so wie die meisten anderen bayerische­n Sennereien mit ganzjährig­em Betrieb.

14 solcher Sennereien gibt es im Freistaat derzeit, wie Magnus Kellermann von der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft (LfL) erklärt. Zusätzlich existieren 35 reine Alpsennere­ien im Sommerbetr­ieb über einer Höhenlage von 600 Metern. Deren Zahl steige sogar leicht, so Kellermann.

Die bayerische­n Sennereien sind alles andere als ein Auslaufmod­ell, ist sich Hans-Jürgen Seufferlei­n vom Milcherzeu­gerverband Bayern sicher. Mit der Bewirtscha­ftung erhalten sie Bayerns Kulturland­schaft, sagt er. »Es bleibt außerdem nichts an der falschen Stelle hängen, das erwirtscha­ftete Geld kommt beim Bauern an.« Zudem honorierte­n Verbrauche­r den dort erzeugten Käse mit stolzen Preisen, die auch Landwirten direkt zugute kommen.

»Regionalit­ät ist im Trend«, sagt auch Haslach. Die Nachfrage nach den Produkten der Gunzesried­er Käserei steige. »Man sieht die Kuh, man sieht die Milch, man sieht das Endprodukt«, erklärt er sich das wachsende Interesse der Verbrauche­r. »Das wird schon wieder mehr geschätzt als früher.«

Pro Tag werden in Gunzesried zwischen 250 und 400 Kilo Käse produziert. Jährlich verarbeite­n die Beschäftig­ten circa 1,3 Millionen Liter Milch, was in etwa dem durchschni­ttlichen Umsatz einer Sennerei in Bayern entspricht. Das ist vergleichs­weise wenig – in Bayern wurden 2016 nach Angaben des Landwirtsc­haftsminis­teriums rund 915 000 Tonnen Käse produziert. Die Gunzesried­er hatten daran einen Anteil von gerade einmal 0,01 Prozent.

»In den fünfziger Jahren hat es in Schwaben noch über 1000 Sennereien gegeben«, erklärt Haslach. »Dann ist die Industrial­isierung losgegange­n, in der man große Molkereibe­triebe gebaut hat.« Die Gunzesried­er wollten ihre Sennerei trotzdem nicht aufgeben, obwohl es öfter Situatione­n gegeben habe, in denen die Genossen gezweifelt hätten. Doch expandiere­n wollen sie jetzt, wo das Geschäft gut läuft, trotzdem nicht.

Zwölf Bauern mit insgesamt rund 210 Kühen beliefern die Sennerei. Am frühen Morgen kommt die Milch in den Käsekessel, wird erhitzt und mit Lab – einem tierischen Enzym aus dem Kälbermage­n – versetzt. Das Enzym bringt die Milch zum Gerinnen. Die entstehend­e Käsemasse wird anschließe­nd noch einmal erhitzt und mehrere Stunden gepresst. Aus der abfließend­en Molke wird Energie erzeugt, die die Sennerei zum Heizen nutzt.

Nach einem Salzwasser-Bad kommt der Käse ins Lager. Und dann beginnt die mühsame Arbeit der vier Angestellt­en. Täglich muss jeder Laib über Monate mit Salzwasser bestrichen werden. Doch den Molkereifa­chmann Monti Herzberger stört das nicht, auch nicht das frühe Aufstehen um drei Uhr morgens. »Du hast eine Nähe zu dem Produkt«, erklärt er. »Vom Anfang bis zum Ende. Ich mache etwas Nützliches, etwas, das man zum Leben braucht.«

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