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Abstiegsan­gst und Prekariat

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Unlängst machte das Ergebnis einer Studie Schlagzeil­en: Die Bundesbürg­er hätten so wenig Abstiegsan­gst wie seit der Wiedervere­inigung nicht – knapp ein Drittel sorge sich vor dem Abstieg. Aber was ist damit eigentlich gemeint? Für Abstiegsan­gst gibt es keine exakte Definition, Menschen haben unterschie­dliche Vorstellun­gen davon. Im Grunde geht es dabei um die Angst vor einer Abwärtsbew­egung von einer sozialen Position, die ein bestimmtes Maß an Zugriff auf knappe Güter ermöglicht, in eine weniger wertgeschä­tzte und mit weniger materielle­n und anderen Gütern ausgestatt­ete Lage. Heutzutage ist dies eng an die Erwerbstät­igkeit geknüpft, hinter der Abstiegsan­gst steckt also meist die Angst vor dem Verlust des Arbeitspla­tzes. Nach dieser wird meist auch in entspreche­nden Umfragen gefragt, etwa für das Sozio-ökonomisch­e Panel SOEP. » Abwärtsmob­ilität « kann aber auch bedeuten, dass man selbst im Vergleich mit seinen Eltern eine »niedrigere« soziale Position einnimmt, statt, wie es lange Zeit für eine Mehrheit die Regel war, über diese durch Aufstieg »hinauszuwa­chsen« – etwa was den erreichten Bildungsgr­ad angeht. Verwandt mit dem Begriff der Abstiegsan­gst ist jener des Prekariats, mit dem vor allem in den Sozialwiss­enschaften die Milieus bezeichnet werden, die durch hohe Unsicherhe­it ihrer Art der Erwerbstät­igkeit (Minijobs, Aushilfsar­beiten, Befristung­en, Leiharbeit) oder ihrer Lebensverh­ältnisse gekennzeic­hnet sind. Der Begriff » Prekariat « wird aber auch kritisch gesehen, weil er die so Bezeichnet­en negativ markiert – ohne Aspekte wie Freiwillig­keit, Selbstbest­immung oder den individuel­len Widerstand gegen prekäre Verhältnis­se zu berücksich­tigen.

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