Relative Armut
Ob jemand arm ist, wird heute nicht zuletzt als eine Frage des Verhältnisses zu anderen bestimmt – man spricht dann von relativer Armut. Diese bezeichnet eine bestimmte Differenz zu einem anderen Wert, meist dem Median des gewichteten Nettoäquivalenzeinkommens. Relative Armut ist also ein Maßstab für die Ungleichheit in einer Gesellschaft. Wer weniger als 60 Prozent dieses Wertes zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. Als Indikator zur Messung der relativen Einkommensverteilung kann die Armutsgefährdungsquote also auch steigen, wenn alle ein höheres Einkommen erhalten als in einem Vergleichsjahr, die oberen Einkommen aber schneller wachsen. Auch ein starker Migrationsschub und damit die Erhöhung der Zahl von Menschen, die durch ihren Status auf geringe Transferleistungen angewiesen sind, kann die Armutsgefährdungsquote steigern. Umstritten ist an diesem Indikator auch, dass Studierende mit einbezogen werden – die durch ihre Ausbildung meist bessere Chancen auf überdurch- schnittliche Einkommen in späteren Jahren haben. Laut neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes lag die Quote der Betroffenen 2016 im Westen (ohne Berlin) bei 15 Prozent, im Osten bei 18,4 Prozent. Ein besonders hohes Armutsrisiko haben Erwerbslose und Alleinerziehende. Die bundesweite Armutsgefährdungsquote betrug im vergangenen Jahr 15,7 Prozent und lag damit deutlich über dem Wert von 2008 (14,4 Prozent). In absoluten Zahlen gilt heute als armutsgefährdet, wer als Alleinlebender 969 Euro im Monat zur Verfügung hat, für ein Paar mit zwei Kindern liegt der Wert bei 2035 Euro im Monat. Worüber die Armutsgefährdungsquote als Indikator für relative Einkommensarmut wenig Auskunft gibt, ist die durch sie bewirkte sozio-kulturelle Verarmung, die sich in fehlender Teilhabe an bestimmten sozialen Aktivitäten als Folge des finanziellen Mangels ausdrückt, etwa wenn man sich keinen Theaterbesuch leisten kann oder die Kinder deshalb auf Klassenfahrten verzichten müssen.