nd.DerTag

Der Hauptfeind steht – ja wo?

- Nelli Tügel über Reisewarnu­ngen und Rheinmetal­l-Panzerfabr­iken

Jetzt also eine Reisewarnu­ng des türkischen Außenminis­teriums für Deutschlan­d. Damit haben die deutsch-türkischen Beziehunge­n hochoffizi­ell Sandkasten­niveau erreicht. Wie eine beleidigte Leberwurst versucht das AKP-Regime mit »die sind in Wahrheit noch viel schlimmer als wir« Politik zu machen – vorrangig Innenpolit­ik. Das ist nicht nur kindisch, sondern auch ärgerlich. Denn die Reisewarnu­ng enthält ja auch ein Körnchen Wahrheit, da sie die Gefahr rassistisc­her Übergriffe und erstarkend­e fremdenfei­ndliche Gruppen erwähnt. Die laute Empörung über diesen neuesten »Schachzug« der türkischen Regierung kann uns daher ruhig auch ein wenig im Hals stecken bleiben.

Doch geht es dem AKP-Regime gar nicht um Rassismus – es stachelt ja selbst welchen gegen Minderheit­en in der Türkei an. Es geht ihm allein um Propaganda. Und wohl auch darum, türkeistäm­mige Deutsche von Debatten fernzuhalt­en, indem es davon abrät, sich an solchen zu beteiligen. Darüber kann man den Kopf schütteln, das muss man kritisiere­n. Erfolgvers­prechender jedoch, als sich über jeden Schritt, den die türkische Regierung macht, immer mehr zu echauffier­en, wäre es, die Bundesregi­erung stärker in die Verantwort­ung zu nehmen. Den Wahnsinn in der Türkei kann hiesige Empörung kaum beenden. Das kann nur die dortige Opposition. Aber wir können beispielsw­eise fragen, weshalb die MerkelRegi­erung Pläne für den Bau einer Rheinmetal­l-Panzerfabr­ik in der Türkei nicht unverzügli­ch stoppt.

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