Weniger Jubel wäre angebracht
Zu »Alte Rivalitäten«, 5.9., S. 14 Die Wochenzeitung »Freitag«, die ursprünglich das Verhältnis von Ost und West in unserem Land zum Hauptthema erkoren hatte, stellte in ihrer Ausgabe vom 26.8. fest, dass die DDR-Geschichte immer noch so dargestellt würde, dass neun von zehn Menschen in diesem Teil unseres Landes sich darin nicht wiederfinden können. Das gilt sicher auf vergleichbare Weise auch für die Wiedervereinigung.
Deshalb wäre es an der Zeit, die Propaganda zu diesem Thema endlich auf den Boden der Realität herabzuholen und für diesen Zeitraum unserer Geschichte endlich der Wahrheit die Ehre zu geben. Das gilt nicht nur für die Vorgänge bei der rücksichtslosen Eingemeindung der DDR und dem arroganten und autokratischen Umgang mit den Repräsentanten der DDR bei den Verhandlungen darüber, über die Pervertierung der Treuhandidee und die Behandlung der DDRWirtschaft bis zum heutigen Zustand vieler Regionen der DDR, die bis heute auf die Erfüllung der Versprechungen von den »blühenden Landschaften« warten. Das gilt auch für den westlichen Teil des Landes, vor allem für die »indirekten« sozialen (zum Beispiel Agenda 2010 und Hartz IV) und außenpolitischen Folgen der Wiedervereinigung (vor allem die skrupellose deutsche Teilnahme an den ehrgeizigen Weltordnungskriegen der westlichen Wertegemeinschaft in aller Welt).
Eine realistischere Sicht auf diesen Teil unserer Geschichte dürfte uns allen gut tun und den übertriebenen Jubel und Trubel der Einheitsfeierlichkeiten ein wenig dämpfen. Ich würde das jedenfalls begrüßen! Ludwig Schönenbach, Bremen