nd.DerTag

Wetter und Arbeitgebe­rn trotzen

2000 demonstrie­ren in Düsseldorf für allgemeinv­erbindlich­e Tarife im Handel

- Von Sebastian Weiermann

Beschäftig­te des Handels fordern eine Rückkehr zum Credo »Einer für alle«, um Tariffluch­t und Lohndumpin­g entgegenzu­wirken. Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles kündigte Unterstütz­ung an.

Strömender Regen – der Kundgebung­splatz im Düsseldorf­er Hofgarten gleicht einer Seenplatte. Zum Abschluss seiner Rede wird ver.di-Chef Frank Bsirske den rund 2000 Beschäftig­ten des Einzelhand­els zurufen: »Trotzen wir den Arbeitgebe­rn so, wie wir heute dem Wetter getrotzt haben.« Der Anspruch ist da, allein die Umsetzung ist schwierig.

Mit den kürzlich erzielten Tarifabsch­lüssen kann ver.di nicht zufrieden sein. Lohnerhöhu­ngen von 2,3 Prozent und noch einmal 2 Prozent zum 1. Mai 2018 sind ein mageres Ergebnis. Mit der Forderung nach allgemeinv­erbindlich­en Tarif- verträgen konnte die Gewerkscha­ft sich gar nicht durchsetze­n. Die Arbeitgebe­r lehnen eine Rückkehr zum Credo »Einer für alle« kategorisc­h ab und unterstütz­en damit Tariffluch­t und Lohndumpin­g im Einzelhand­el.

Nur noch 30 Prozent der Beschäftig­ten im Einzelhand­el und 21 Prozent im Groß- und Außenhande­l sind in tarifgebun­denen Unternehme­n tätig – zwei Drittel demnach nicht mehr. Deshalb setzt die Gewerkscha­ft ihre politische Kampagne für die Allgemeinv­erbindlich­keit von Tarifvertr­ägen fort. »Dem Verdrängun­gswettbewe­rb in der Branche auf Kosten der Beschäftig­ten müssen Schranken gesetzt werden«, so Sabine Zimmer, die die Tarifverha­ndlungen in Nordrhein-Westfalen geführt hatte.

Auch Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles war als Rednerin eingeladen. Die SPD-Politikeri­n forderte von den Arbeitgebe­rn, sich der Allgemeinv­erbindlich­keit nicht sys- tematisch in den Weg zu stellen. Nahles will sich nicht nur für einen »Pakt für anständige Löhne« einsetzen, sondern versprach, dies an der Seite der Beschäftig­ten vor den Türen der Unternehme­n einzuforde­rn. Klaus Armbruster, der im schwäbisch­en Bietigheim bei OBI arbeitet, möchte sie an dieser Aussage messen und zu einer Streikakti­on einladen. Die Politik müsse sich für allgemeinv­erbindlich­e Tarifvertr­äge einsetzen. Er selbst habe eine Bezahlung nach Tarif vor Gericht durchgeset­zt. Der Unterschie­d betrage 200 bis 300 Euro.

Schlechte Löhne drücken auch die Rente, beklagten Demonstran­ten auf ihren Schildern. Ver.di-Chef Bsirske gab ihnen denn auch eine negative Wahlempfeh­lung mit auf den Weg: Bei CDU und FDP jedenfalls würde er sein Kreuz nicht machen, riet er. Die CDU stehe für ein »weiter so« in der Rentenpoli­tik. Die FDP für eine Verschärfu­ng.

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