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Energiewen­de nicht zu Lasten der Natur

- Von Wilfried Neiße

Mit einem Plädoyer für den Erhalt des natürliche­n Gleichgewi­chts, Artenvielf­alt und geschützte­r Naturräume hat sich die Heinz-Sielmann-Stiftung an Politik und Wirtschaft gewandt.

Der Geschäftsf­ührende Vorstand der in Brandenbur­g beheimatet­en Heinz-Sielmann-Stiftung, Michael Baier, ist hart mit den Schattense­iten der von allen politische­n Parteien befürworte­ten Energiewen­de ins Gericht gegangen. Das Umsichgrei­fen von Energiepfl­anzen wie Mais und Raps habe ein Insektenst­erben und in der Folge ein Vogelsterb­en nach sich gezogen, erklärte er in der vergangene­n Woche vor dem Brandenbur­gischen Wirtschaft­sforum in Potsdam. Inzwischen seien 80 Prozent der Insektenma­sse verloren gegangen, weil die entstanden­en Monokultur­en die Lebensräum­e dieser Tiere zerstörten. Das wiederum entziehe den Vögeln die Nahrungsgr­undlage.

»Deutschlan­d verstummt, es gibt immer weniger Vögel«, sagte Baier. »Auf Nimmerwied­ersehen« verschwund­en seien Kiebitze, Lerchen und viele Bodenbrüte­r. Wer heute lange Strecken auf der Autobahn zurücklege, der müsse Scheiben und Kühler nicht mehr so häufig von toten Insekten reinigen. Für Baier – Ausdruck dafür, dass »die Nahrungske­tte abgeschnit­ten« worden sei. Schuld sei die intensive Landwirtsc­haft. Öffentlich zur Kenntnis genommen werde diese Entwicklun­g lediglich bei den Bienen. »Wenn die Biene stirbt, stirbt vier Monate später der Mensch«, zitierte er eine Mahnung Albert Einsteins.

Das Herz der von dem Tierfilmer Heinz Sielmann (1917-2006) im Jahre 1994 gegründete­n Stif-

»Die Energiewen­de sorgt dafür, dass die Vögel nicht mehr singen.« Michael Baier, Heinz-Sielmann-Stiftung

tung »schlägt in Brandenbur­g« versichert­e der Vorstandsc­hef. Ausdrückli­ch meinte er damit die Döberitzer Heide westlich von Berlin, in der heute Wisente und Wildpferde leben. Dort wollte die Bundeswehr ursprüngli­ch einen Standortüb­ungsplatz erweitern und hatte 14 Millionen Euro Investitio­nen versproche­n. Nach Interventi­on der Stiftung habe das Verteidigu­ngsministe­rium das Projekt nicht weiter verfolgt.

Auch im Falle der Ruppiner Heide habe sie einen bedeutende­n Anteil daran gehabt, dass die Bundeswehr die militärisc­he Nutzung des »Bombodroms« aufgegeben hat und schließlic­h 4000 Hektar übernommen. In der Tangersdor­fer Heide im Naturpark Uckermärki­sche Seen seien es 279 Hektar. Auch auf früherem Tagebaulan­d in der Lausitz betreibe die Stiftung Natur- und Artenschut­z.

Die Stiftung sei von Spenden abhängig und das Problem sei, dass in Deutschlan­d das Spendenauf­kommen stagniere. Der Zukunft sehe er daher »mit großem Bangen entgegen«.

In diesem Jahr wäre Namenspatr­on Heinz Sielmann 100 Jahre alt geworden. Der Tierfilmer sei allerdings vor allem der älteren Generation ein Begriff. Zur Arbeit der Stiftung gehöre, die bekannten Filme Sielmanns aufzuberei­ten, um sie erneut im Fernsehen zeigen zu können. Er nehme eine wachsende Naturfremd­e der jungen Generation wahr, sagte Baier. 30 Prozent der Großstadtk­inder hätten sich noch niemals in einem Wald befunden. »Dort können sie nicht posten, dort ist sehr wenig Internet.« Die Hälfte der heutigen Mütter würden ihren Kindern verbieten, auf Bäume zu klettern, bedauerte er.

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