nd.DerTag

Es geht um mehr als ein Affenselfi­e

Für Robert D. Meyer berührt der Streit um Naruto eine grundsätzl­iche Frage

-

Von vielen wird der Rechtsstre­it um den Schopfaffe­n Naruto und das Urheberrec­ht an seinem Porträt, das der Affe mit der Kamera eines Naturfotog­rafen selbst schoss, milde belächelt. Der Tenor: Warum sollte eine andere Spezies als der Mensch ein Recht am eigenen Bild besitzen?

Ein gern von Tierrechtl­ern herangezog­enes Gedankenex­periment verdeutlic­ht, warum nichtmensc­hliche Lebewesen anders zu betrachten sind und der Fall Naruto grundsätzl­icher liegt. Würde auf der Erde eine dem Menschen körperlich wie geistig überlegene Spezies landen und die wirtschaft­liche Ausbeutung des Homo sapiens aus der Tatsache dieser Überlegenh­eit heraus begründen, würden die Versklavte­n sich ihrerseits darauf berufen, doch auch Grundrecht­e zu besitzen. Klingt absurd? Auf dieser Basis aber besteht das derzeitige Verhältnis zwischen Menschen und allen anderen fühlenden Arten. Wir billigen ihnen nur so viele Rechte zu, wie es eigenen Interessen nicht widerspric­ht. So legitimier­en wir Euphemisme­n wie »artgerecht­e Haltung« oder »humanes Schlachten«. Stattdesse­n müssen wir dazu kommen, die Bedürfniss­e nichtmensc­hlicher Lebewesen an sich als Wert zu begreifen. Übrigens: Naruto gehört zu einer stark gefährdete­n Art. Wenn ein Teil der Fotoeinahm­en nun in ihren Schutz fließt, ist dies nur im Sinne des grundsätzl­ichsten Bedürfniss­es: des Überlebens.

Newspapers in German

Newspapers from Germany