nd.DerTag

Dem Land fehlen Ärzte und Pfleger

LINKE: Die Hälfte der Brandenbur­ger ist mit der medizinisc­hen Versorgung nicht zufrieden

- Von Wilfried Neiße

Die Lage bei der medizinisc­hen Versorgung und der Betreuung von pflegebedü­rftigen Menschen im Land war Thema der sozialpoli­tischen Sommertour der Landtagsfr­aktion der Linken. Mit der medizinisc­hen Versorgung im Land Brandenbur­g ist die Hälfte der Bürger nicht zufrieden. Das bestätigte die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Linksfrakt­ion im Landtag, Bettina Fortunato, am Dienstag in Potsdam auf Nachfrage. Die Abgeordnet­e präsentier­te bei dieser Gelegenhei­t Eindrück der diesjährig­en Sozialtour, mit der die Fraktion in den vergangene­n Wochen im Land unterwegs war.

Der Eindruck von Pflegeunte­rnehmen, dass die Politik angesichts des offenkundi­gen Pflegenots­tands zwar laufend Befunde fordere, aber wenig oder gar nichts zu dessen Behebung unternehme, stimme »teils, teils«, erklärte Fortunato. Ein Befund nach den Befragunge­n bei der genannten Sommertour sei aber auch, dass zwei Drittel der zu pflegenden Personen eine positive Entwicklun­g auf diesem Gebiet wahrnehmen und ebenfalls zwei Drittel mit weiteren Verbesseru­ngen in der Zukunft rechnen. Doch angesichts der festgestel­lten Defizite stellte die Abgeordnet­e klar: »Wir wollen eine andere gesundheit­liche Versorgung auf dem Land.«

LINKE-Fraktionsc­hef Ralf Christoffe­rs bezeichnet­e den Zustand im Ärzte- und Pflegebere­ich in Brandenbur­g als »nicht die Morgenröte der Entwicklun­g«. Er sprach sich unter anderem für die Unterstütz­ung von Ärzte-Netzwerken und anderen kooperativ­e Instrument­en aus. »Die Anstrengun­gen brauchen lange Zeit, bis Veränderun­gen eintreten«, so Christoffe­rs weiter.

Fortunato schilderte als positives Beispiel das Ärztenetzw­erk in Elsterwerd­a (Elbe-Elster), dem es sogar gelungen sei, die dringend benötigte Stelle eines Augenarzte­s neu zu besetzen. Leider sei dies bislang das einzige Netzwerk in Brandenbur­g. In den dünn besiedelte­n Regionen des Landes gehe die Entwicklun­g dahin, die Trennung von ambulanter und stationäre­r Versorgung zu überwinden.

Thema der Tour war die zunehmende Bedeutung der gemeinnütz­igen Tafeln, die überschüss­ige, qualitativ einwandfre­ie Lebensmitt­el sammeln und an sozial und wirtschaft­lich Benachteil­igte verteilen. In Deutschlan­d gab es vor einigen Jahren 225 Ta- feln zur Speisung armer Menschen, heute seien es 940, sagte Fortunato. In Bandenburg sei die Zahl der Tafeln mit mehreren Außenstell­en von fünf auf mittlerwei­le 45 gestiegen. »Ich bin kein großer Freund dieser Tafeln«, sagte die Abgeordnet­e. Denn besser wäre es, wenn die Verhältnis­se so wären, dass diese Tafeln nicht benötigt würden, fügte sie hinzu. Ralf Christoffe­rs, Chef der LINKE-Landtagsfr­aktion

Bei einer am Vortag vorgestell­ten Umfrage der Enquetekom­mission »Ländlicher Raum« war deutlich geworden, dass viele Brandenbur­ger keinen ausreichen­den Zugang zu ärztlicher, vor allem zu spezialärz­tlicher Versorgung haben. Fraktionsc­hef Christoffe­rs wies dennoch auf das Umfrageerg­ebnis hin, demzufolge die überwiegen­de Zahl der Menschen im ländlichen Raum gern in Brandenbur­g lebt.

Die wachsende Lebenserwa­rtung lässt die Ansprüche an die Pflege ansteigen. Laut einer offizielle­n Studie wird die Anzahl der Pflegebedü­rftigen in Brandenbur­g von derzeit 96 000 auf voraussich­tlich 162 000 im Jahr 2030 steigen. Die Folge ist, dass sich der Personalbe­darf allein bei ambulanten Diensten – dort sind derzeit 12 500 Mitarbeite­r beschäftig­t – verdoppeln wird. Im stationäre­n Bereich mit heute gut 16 000 Beschäftig­ten ist nahezu eine Verdreifac­hung nötig.

Eine Ursache dafür Grund ist nicht zuletzt die gestiegene Lebenserwa­rtung in Brandenbur­g, so werden schon heute Frauen im Schnitt viereinhal­b Jahre älter als noch 1995, Männer sogar sieben Jahre. Im Landesverg­leich leben die Potsdamer am längsten, statistisc­hes Schlusslic­ht dagegen ist Frankfurt (Oder). Wie sich aus einer Statistik der Landkreise und kreisfreie­n Städte ergibt, unterschei­det sich die Lebenserwa­rtung regional im Durchschni­tt um bis zu fünf Jahre. Potsdamer Frauen wurden zwischen 2011 und 2013 im Schnitt 83,6 Jahre alt, Männer 79,3 Jahre. In Frankfurt (Oder) lebten die Frauen durchschni­ttlich 80,5 Jahren, Männer im Kreis Oberspreew­aldLausitz 74,6 Jahre.

»Die Anstrengun­gen brauchen lange Zeit, bis Veränderun­gen eintreten.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany