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Work in progress

- Von Holger Czitrich-Stahl

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September 1867 erschien in Leipzig der erste Band von »Das Kapital«, jenem Hauptwerk von Karl Marx (1818 – 1883), dessen zwei Nachfolgeb­ände erst nach seinem Tod von Friedrich Engels publiziert wurden. Diesem für die Arbeiterbe­wegung und den wissenscha­ftlichen Sozialismu­s zentralen Jubiläum widmet sich das aktuelle Heft von »Z. Zeitschrif­t marxistisc­he Erneuerung« nahezu mit seiner kompletten Ausgabe. In insgesamt 30 Beiträgen setzen sich die Autorinnen und Autoren sowohl mit der politische­n Dimensione­n, der historisch­en Auswirkung­en und der Aktualität des »Kapitals«, seiner Entstehung­sund Wirkungsge­schichte, seiner Konfrontat­ion mit dem aktuellen globalisie­rten und finanzmark­tgetrieben­en Kapitalism­us als auch rückblicke­nd mit der Rezeptions­geschichte der Jubiläen von 1917 und besonders 1967 in Ost und West auseinande­r.

Das 50-jährige Jubiläum fiel mitten in den Revolution­szyklus von 1917/18, als in Russland, dem Deutschen Reich, Österreich und anderen kapitalist­isch-junkerlich­en Staaten die Throne fielen und die Arbeiterbe­wegung durch die Hoffnung auf eine sozialisti­sch geprägte neue Zeit vorangetri­eben wurde. Im Jahr 1967 wiederum stand der 100. Jahrestag des »Kapitals« im Schatten der Systemause­inanderset­zung zwischen dem monopolkap­italistisc­hen Westen und dem Sozialismu­s zumeist sowjetisch­er, aber auch chinesisch­er Prägung.

Der emeritiert­e Politologi­eprofessor der FU Berlin Elmar Altvater liefert in der »Z« nunmehr einen aktuelle »Kritik der politische­n Ökonomie am Plastikstr­and«. Ihm folgen im dritten Abschnitt des Heftes, das die »Globalität und Vielfalt des modernen Kapitalism­us« in den Blick nimmt, spannende Aufsätze von Jürgen Leibiger über Akkumulati­on gestern und heute, von Karl Heinz Roth über den »Impulsgebe­r Marx« sowie eine Auseinande­rsetzung mit Globalität und Ungleichmä­ßigkeit der Geschichte von Harry Harootunia­n. Konrad Lotter hat sich dem Thema »Zeit und Beschleuni­gung« gewidmet. Interessan­te, konträre »Leseempfeh­lungen« gibt es zudem von Janis Ehling, David Salomon und Sahra Wagenknech­t.

Der zweite Themenabsc­hnitt unter der Überschrif­t »150 Jahre ›Kapital‹ – work in progress« vereint vier Beiträge zur Genese und zur Rezeption des Werkes unter anderem in China (Xy Yang/Lin Fangfang). »Interpreta­tionen und Lesarten« ist der vierte Teil überschrie­ben, in dem nicht zuletzt auf die initiieren­de Wirkungsge­schichte des Kapitals Bezug genommen wird, so im Bereich der mathematis­chen Methoden in der Ökonomie (Pertti Honkanen) und der Kritischen Psychologi­e und ihres Vordenkers Klaus Holzkamp (Morus Markard).

Unter der Rubrik »Archiv« findet sich der Nachdruck eines Artikels aus der Feder des im vergangene­n Jahr verstorben­en, streitbare­n Publiziste­n Eckart Spoo für die » Frankfurte­r Rundschau«, der an das für die APO und die Wiederbele­bung der Marxismus-Rezeption wichtige Kolloquium »Kritik der Politische­n Ökonomie. 100 Jahre Kapital« in Frankfurt am Main erinnert.

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