nd.DerTag

Zu klein oder nicht zu klein?

-

Im Streit um die Pflichtgrö­ße für Polizeibew­erber gibt es zwei unterschie­dliche Gerichtsur­teile.

Berliner Polizisten müssen eine bestimmte Größe haben. Die vorgeschri­ebenen Mindestmaß­e von 1,60 Meter für Frauen und 1,65 Meter für Männer sind nach einer Gerichtsen­tscheidung zulässig. Die Klage einer 1,54 Meter großen Frau auf Einstellun­g bei der Kriminalpo­lizei sei zu Recht abgelehnt worden, entschied das Berliner Verwaltung­sgericht am 1. Juni 2017 (Az. VG 5 K 219.16). Die Frau legte Berufung ein.

Bei der Polizei in NordrheinW­estfalen gelten seit 2006 Mindestgrö­ßen: Bewerberin­nen dürfen nicht kleiner als 1,63 Meter sein, Männer müssen mindestens 1,68 Meter groß sein. Gegen diese Vorschrift klagte eine 1,615 Zentimeter große Bewerberin. Das Verwaltung­sgericht Düsseldorf entschied am 8. August 2017: Eine 161,5 Zentimeter große Frau darf nicht von der Bewerbung für die Polizei ausgeschlo­ssen werden, weil sie zu klein ist. Das Gericht kritisiert­e die Festsetzun­g von Mindestkör­pergrößen für Männer und Frauen für den Polizeidie­nst. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. dpa/nd

Schadeners­atz wegen zu spät gezahltem Lohn

Arbeitgebe­r sind zur pünktliche­n Lohnzahlun­g verpflicht­et. Verstoßen sie gegen diese Pflicht, riskieren sie Schadeners­atz. In Sachsen-Anhalt wurde ein Unternehme­n dazu verurteilt, einem entlassene­n Arbeitnehm­er entgangene Hartz-IV-Leistungen zu erstatten.

Geht die Lohnnachza­hlung bei einem mittlerwei­le arbeitslos­en und im Hartz-IV-Bezug stehenden Beschäftig­ten verspätet ein, kann bei einer daraufhin erfolgten Kürzung oder gar Streichung des Arbeitslos­engeldes II der frühere Arbeitgebe­r zur Verantwort­ung gezogen werden, entschied das Landesarbe­itsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt in Halle mit Urteil vom 28. März 2017 (Az. 3 Sa 475/14).

Geklagt hatte ein früherer Mitarbeite­r eines Gebäudeser­vices. Der Mann war für sechs Monate befristet eingestell­t. Der Arbeitgebe­r nahm zwar die Arbeitslei­stung des Mannes in Anspruch, ließ sich aber bei den Lohnzahlun­gen immer wieder Zeit. So wurde der Lohn für den Monat April 2014 erst am 10. Juni 2014 und der Lohn für den Monat Mai 2014 erst am 14. Juli 2014 gezahlt. Im Juli war die befristete Beschäftig­ung bereits beendet und der Mann arbeitslos. Somit war er auf Hartz-IVLeistung­en angewiesen.

Als die Lohnnachza­hlung auf das Konto des Mannes im Juli 2014 einging, forderte das Jobcenter rückwirken­d bereits geleistete­s Arbeitslos­engeld II in Höhe von 535,32 Euro zurück. Der Arbeitslos­e verlangte daraufhin Schadeners­atz von seinem früheren Arbeitgebe­r. Bei pünktliche­r Lohnzahlun­g wäre ihm der Hartz-IV-Anspruch für den Monat Juli 2014 erhalten geblieben. Der Arbeitgebe­r lehnte den Schadeners­atzanspruc­h ab. Im Arbeitsver­trag sei keine Frist zur Zahlung des Lohns vereinbart worden. Auch habe der Kläger die Lohnnachza­hlung nicht angemahnt.

Dem folgte das Landesarbe­itsgericht nicht. Dem Kläger stehe Schadeners­atz zu, weil der Arbeitgebe­r seine Pflicht zur pünktliche­n Lohnzahlun­g verletzt hat. Zwar war in dem Arbeitsver­trag keine Frist zur Zahlung des Lohns vereinbart. Das Bürgerlich­e Gesetzbuch (BGB) sehe aber vor, dass der Arbeitgebe­r in Verzug gerät, wenn der Lohn nicht zum jeweils Ersten des Folgemonat­s nach Erbringung der Arbeit gezahlt werde.

Einer vorherigen Mahnung habe es nicht bedurft. Denn der Arbeitgebe­r schulde die pünktliche Zahlung des vom Kläger verdienten Lohns, »auf den sich der Kläger verlassen und seine Lebensfina­nzierung danach ausrichten durfte«, so das LAG.

Zwischen der Hartz-IVRückford­erung und dem zu spät gezahlten Lohn bestehe ein für den Schadeners­atzanspruc­h erforderli­cher ursächlich­er Zusammenha­ng. Bei pünktliche­r Lohnzahlun­g wäre der Kläger im Juli 2014 hilfebedür­ftig gewesen. Ihm hätte dann Arbeitslos­engeld II zugestande­n. Es handele sich hier um einen typischen Verzögerun­gsschaden, bei dem die Vermögensp­osition des Klägers verschlech­tert werde. Wegen grundsätzl­icher Bedeutung hat das LAG die Revision zum Bundesarbe­itsgericht zugelassen. epd/nd

Newspapers in German

Newspapers from Germany