Steuern sparen beim Verzicht
Erhält ein Bruder noch zu Lebzeiten der Eltern für den Verzicht auf seinen künftigen Pflichterbteilsanspruch von seinen Geschwistern eine Abfindung, darf ihn das Finanzamt mit höheren Steuern zur Kasse bitten. Erst wenn nach Eintritt des Erbfalles Geld für den Verzicht auf den Erbteil fließt, greift im Regelfall eine günstigere Besteuerung.
Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am 9. August 2017 veröffentlichten Urteil (Az. II R 25/15).
Im konkreten Fall hatte der Kläger 2006 zu Lebzeiten seiner Mutter auf seinen künftigen Pflichterbteil verzichtet. Im Gegenzug zahlten ihm seine drei Brüder eine Abfindung in Höhe von jeweils 150 000 Euro. Der Kläger hatte zudem von seiner Mutter bereits 2002 Schenkungen im Wert von über einer Million Euro erhalten.
Auch das Finanzamt freute sich und wertete nicht nur die Zuwendungen der Mutter als Schenkung, sondern auch die Abfindungszahlungen der Brüder. Das zuständige Finanzamt legte den Steuersatz der Steuerklasse I für Kinder zugrunde, wodurch sich insgesamt eine Schenkungsteuer in Höhe von fast 30 000 Euro ergab.
Das Finanzgericht Münster rechnete die Schenkungen der Mutter nicht den Abfindungen hinzu. Es berücksichtigte zudem den für die »übrigen Personen der Steuerklasse I« vorgesehenen Freibetrag von damals 51 200 Euro (heute 100 000 Euro). Die Schenkungsteuer wurde auf 10 810 Euro herabgesetzt.
Der BFH urteilte, dass zwar zu Recht die Schenkungen der Mutter bei der Berechnung der Steuerschuld nicht berücksichtigt wurden. Allerdings handele es sich bei den noch zu Lebzeiten der Mutter vereinbarten Abfindungszahlungen sehr wohl um Schenkungen zwischen Geschwistern. Danach sei die ungünstigere Steuerklasse II anzuwenden, bei dem ein Freibetrag von damals nur 10 300 Euro (heute 20 000 Euro) geltend gemacht werden kann.
Wäre die Abfindungszahlung für den Verzicht auf den Pflichterbteil erst nach dem Erbfall vereinbart worden, hätte das Finanzamt die günstigere Steuerklasse I anwenden müssen. Der Bruder hätte dann einen Freibetrag von 400 000 Euro geltend machen können.