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Augenblick­sversagen: Bußgeld, aber vom Fahrverbot verschont

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Wer eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung in Folge einer kurzen Unaufmerks­amkeit übersieht, muss zwar ein Bußgeld bezahlen. Um das damit oft verbundene Fahrverbot kommt er jedoch unter Umständen herum. Insbesonde­re, wenn das Verkehrssc­hild möglicherw­eise durch ein anderes Fahrzeug verdeckt war.

Das entschied das Amtsgerich­t (AG) Potsdam am 23. Januar 2017 (Az. 88 OWi 4131 Js 34510/16). Über dieses Urteil informiert­e die D.A.S. Rechtsschu­tz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungss­ervice).

Zum Hintergrun­d: Eine Straftat oder Ordnungswi­drigkeit im Straßenver­kehr hat oft ein Bußgeld und zusätzlich ein Fahrverbot zur Folge. Im Gegensatz zum Entzug der Fahrerlaub­nis ist das Fahrverbot befristet, und zwar auf ein bis drei Monate. Danach bekommt der Fahrer seinen Führersche­in aus der amtlichen Verwahrung zurück und kann weiterfahr­en.

§ 24 des Straßenver­kehrsgeset­zes nennt als Voraussetz­ung für ein Fahrverbot eine Ordnungswi­drigkeit unter grober oder beharrlich­er Verletzung der Pflichten eines Fahrzeugfü­hrers.

Der Fall: Ein Taxifahrer war bei erlaubten 70 km/h außer- halb einer Ortschaft mit 111 km/h geblitzt worden. Vor Gericht erklärte er, dass er die entspreche­nde Strecke selten fahre und das Schild nicht gesehen habe. Er war bei einem ausgeschil­derten Tempolimit auf 80 km/h hinter einem Postlaster hergefahre­n. Als er das Schild für die Aufhebung der 80 km/h sah, hatte er überholt. Nur stand 31 Meter weiter schon ein neues Schild mit der Begrenzung auf 70 km/h wegen Wildwechse­ls. Das zweite Schild hatte er – womöglich weil er in diesem Moment den Lkw rechts neben sich hatte – nicht gesehen.

Im Normalfall wäre wegen der Geschwindi­gkeitsüber­schreitung um 41 km/h zusätzlich zu einem Bußgeld ein Fahr- verbot von einem Monat fällig geworden. Um diese Frage ging es nun vor Gericht.

Das Urteil: Das Amtsgerich­t Potsdam sah in diesem Fall von einem Fahrverbot ab und erklärte, dass die vom Taxifahrer erläuterte Anordnung der Schilder der Wahrheit entspreche. Das einmalige Übersehen eines einseitig aufgestell­ten Verkehrsze­ichens, weil dies verdeckt gewesen sei, könne als sogenannte­s Augenblick­sversagen bezeichnet werden. Es sei das Ergebnis einer einmaligen kurzen Unaufmerks­amkeit, wie sie jeder gelegentli­ch erlebe. Ein Fahrverbot solle ein Denkzettel für Fahrer sein, die besonders grob gegen Verkehrsre­geln verstießen. Dies sei dem Taxifahrer nicht vorzuwerfe­n. D.A.S./nd

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Foto: imago/Ralph Peters Das 70 km/h-Schild außerhalb einer Ortschaft übersehen – wegen Sichtbehin­derung. Ist das strafmilde­rnd?

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