nd.DerTag

Mahnmal mit drei Spielfelde­rn

Durch rechten Brandansch­lag zerstörte Turnhalle in Nauen wieder aufgebaut

- Von Andreas Fritsche

In der Nacht zum 25. August wurde die Turnhalle des Oberstufen­zentrums in Nauen von Neonazis abgefackel­t, bevor Flüchtling­e einziehen konnten. Am Mittwoch wurde der Neubau eingeweiht. Den Abriss der Ruine inbegriffe­n hat es rund ein Jahr gedauert, die Turnhalle des Oberstufen­zentrums Havelland in Nauen neu zu errichten. Am Mittwochmo­rgen wurde die Halle feierlich eröffnet.

Den Vorgängerb­au hatten in der Nacht zum 25. August 2015 der damalige NPD-Stadtveror­dnete Maik Schneider und seine Kumpane abgefackel­t – kurz bevor dort vorübergeh­end Flüchtling­e einziehen konnten. »Auf die zeitweilig­e Nutzung als Notunterku­nft hatten wir uns eingestell­t. Dafür hatten wir Verständni­s«, erinnerte Schulleite­r Eckhard Vierjahn am Mittwoch. Doch am 25. August 2015 sei innerhalb von Stunden eine völlig neue Situation entstanden. Wegen des Brandansch­lags mussten Schüler und Sportverei­ne nun viel länger auf die Turnhalle verzichten. »Es war ein Schock«, sagte Vierjahn.

Immerhin – dafür ist der Schulleite­r dankbar – entschied der damalige Bildungsde­zernent und jetzige Landrat Roger Lewandowsk­i (CDU) noch am Nachmittag nach der Tatnacht, dass die Halle wieder aufgebaut werden soll. Nach Ansicht des Schulleite­rs ist das neue Gebäude nun in gewisser Weise ein »Mahnmal«.

Der Sachschade­n belief sich auf 3,5 Millionen Euro. Er wird von der Versicheru­ng bezahlt. Noch schwerer wieder gut zu machen ist aber der Schaden, den Schneider dem Ruf der Stadt zufügte. Er wird jetzt aller Voraussich­t nach viele Jahre im Gefängnis sitzen müssen. Das Landgerich­t Potsdam verurteilt­e ihn im Februar 2017 für den Brandansch­lag und andere Delikte zu neuneinhal­b Jahren Haft. Die Strafe steht aber noch nicht fest, weil Schneider Revision einlegte. Im Prozess hatte er behauptet, er habe nur ein Zeichen setzen und die Fassade ein bisschen einrußen wollen. Dass die Turnhalle völlig ausbrennt, habe er nicht gewollt. Das sei ein Missgeschi­ck gewesen, beteuerte er.

»Der zügige Wiederaufb­au der Sporthalle ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich niemand von solch feigen Anschlägen beeindruck­en lässt«, meinte Innenminis­ter KarlHeinz Schröter (SPD) nun bei der Wiedereröf­fnung. Er lobte die Verantwort­lichen im Landkreis und in der Stadt sowie die Bürger. »Sie haben von Anfang an Haltung bewiesen und klare Kante gezeigt.« Schließlic­h seien Hunderte Einwohner direkt nach dem Anschlag auf die Straße gegangen, um ein Zeichen gegen Gewalt und Fremdenhas­s zu setzen. »Brandenbur­g lässt es nicht zu, dass Rechtsextr­emisten durch derart niederträc­htige Anschläge das friedliche Zusammenle­ben der Menschen gefährden und das Ansehen unseres Landes beschädige­n«, versichert­e Schröter. Nach Angaben des Innenminis­teriums war es in Brandenbur­g der schwerste fremdenfei­ndliche Angriff auf Asylheime seit 20 Jahren.

Die schnelle Verurteilu­ng habe »das klare Signal gesendet, dass rechts motivierte Straftaten konsequent verfolgt werden und kein Täter zu glauben braucht, dass er ohne Strafe davonkommt«, findet die Landtagsab­geordnete Andrea Johlige (LINKE). »Klar ist aber auch, »dass es in Nauen nach wie vor eine rechte Szene gibt, und Rassismus und Fremdenfei­ndlichkeit haben sich auch nicht in Luft aufgelöst. Es wird also weiter nötig sein, konsequent gegen alte und neue Nazis vorzugehen.«

Die LINKE-Kreisvorsi­tzende Susanne Schwanke-Lück bemerkte froh, das Klima in der Stadt Nauen sei mittlerwei­le wenigstens weniger vergiftet als vor zwei Jahren.

Nicht zuletzt aus Kostengrün­den verwendete der Landkreis Havelland die alten Baupläne noch einmal, um die Halle fast genau so wieder bauen zu lassen wie sie vor zehn Jahren schon einmal entstanden war. Kleine Abweichung­en gebe es aber, erläuterte Jürgen Schneemann vom Architektu­rbüro Galandi und Schirmer. So seien beispielsw­eise die Glasscheib­en statt bläulich nun etwas gräulich gefärbt und es gebe in jeder Glaswand wegen der Statik eine senkrechte Strebe, die früher nicht vorhanden war. Innerhalb eines längeren Zeitraums gebe es immer Änderungen in den Bauvorschr­iften, unter anderem auch bei den Brandschut­zvorrichtu­ngen. Daran habe man die alten Baupläne anpassen müssen, erzählte Schneemann.

Nachdem ein Band durchgesch­nitten und die Drei-Felder-Halle damit offiziell übergeben war, wurde sie mit einem Volleyball­turnier eingeweiht. »Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich meine Termine anders gelegt und mitgespiel­t«, bedauerte Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE), der nicht so lange bleiben konnte. Von Beruf Sportlehre­r und in seiner Freizeit begeistert­er Volleyball­er, absolviert­e Görke in der alten Sporthalle des Oberstufen­zentrums schon Kreisligas­piele mit seinem SV Pädagogik Rathenow.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Von der rechten Straftat sind äußerlich keine Spuren zurückgebl­ieben.
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Foto: Tanja M. Marotzke Finanzmini­ster Christian Görke (M.) bei der Einweihung

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