nd.DerTag

Verwürfelt

- Von Sebastian Haak

Die Thüringer Gleichstel­lungsbeauf­tragte hat sich der »gendersens­iblen Sprache« angenommen und einen Würfel entwerfen lassen, der die Gleichbere­chtigung fördern soll. Erfurt. Etwa sieben mal sieben mal sieben Zentimeter ist eines der neusten PR-Präsente des Landes groß, dem aber eine viel größere Aufgabe zugedacht ist; nämlich: Dabei helfen, dass im Freistaat »gendersens­ibel« gesprochen und geschriebe­n wird. Vor allem in der Landesverw­altung.

Bei diesem PR-Präsent handelt es sich um einen mehrfach aufklappba­ren Würfel, auf dem »Empfehlung­en für gendersens­ible Sprache« zusammenge­stellt sind. Denn schon seit Langem reicht es unter anderem der Thüringer Gleichstel­lungsbeauf­tragten, Katrin Christ-Eisenwinde­r, nicht mehr, wenn irgendjema­nd irgendwo von »Bürgerinne­n und Bürgern« oder »Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn« spricht.

Stattdesse­n, so steht es unter anderem auf dem Würfel, gebe es eine ganze Reihe von Alternativ­en, um gendersens­ibel zu formuliere­n, ohne das eine oder das andere Geschlecht zu bevorzugen. Beispielsw­eise durch neutrale Formulieru­ngen wie »Teilnehmen­de« statt »Teilnehmer­innen und Teilnehmer«. Oder durch Wortendung­en mit Schrägstri­chen wie »Absolvent/inn/en« oder »Lehrer/inn/en«. Wer das noch ausspreche­n oder flüssig lesen können soll, wird mit dem Würfel ebenso wenig erklärt, wie es ein Rätsel bleibt, wie derartige Formulieru­ngen zu Eindeutigk­eit beitragen oder gendersens­ible Sprache überhaupt hilft, Missverstä­ndnisse zu vermeiden. Beides immerhin wird dort behauptet.

Weniger rätselhaft und transparen­t immerhin gehen Christ-Eisenwinde­r und das Thüringer Sozialmini­sterium – dem ist die Gleichstel­lungsbeauf­tragte zugeordnet – mit den Kosten für diese Kreation um. Etwa 2800 Euro, sagt ein Sprecher des Sozialmini­steriums, seien aus dem Etat der Beauftragt­en für den Würfel gezahlt worden: 500 Euro seien an eine Erfurter Grafikerin gegangen, die die einzelnen Flächen des Würfels gestaltet habe. Etwa 2200 Euro seien für Druck und Herstellun­g gezahlt worden. Die Firma mit den günstigste­n Herstellun­gskosten habe den Zuschlag für den entspreche­nden Auftrag bekommen – ausweislic­h der Verpackung des Würfels sitzt diese in Augsburg.

Verteilt werden solle der Würfel – von dem 500 Stück bestellt worden seien – nun an die »Abteilungs­leiterinne­n und Abteilungs­leiter« sowie an die »Referatsle­iterinnen und Referatsle­iter« aller Ministerie­n, sagt der Sprecher – in einer aus Sicht von gendersens­iblen Sprachgest­altern wohl ziemlich altbackene­n Art und Weise. Im Kern richtet er sich damit also an die gleiche Zielgruppe, für die Christ-Eisenwinde­r bereits »Empfehlung­en für eine gendersens­ible Sprache« erarbeitet hat. Die waren im Juni 2016 vom Kabinett der rot-rot-grünen Landesregi­erung bestätigt worden.

Zweifellos bietet der Würfel ein anschaulic­hes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, gendersens­ible Sprache im Alltag wirklich anzuwenden. Wenn wohl auch unbeabsich­tigt. Neben unter anderem mindestens einem Tippfehler, fehlenden Leerzeiche­n und mehreren sprachlich unglücklic­hen Formulieru­ngen auf den Teilfläche­n des Würfels werden nämlich nicht immer die eigenen Regeln angewandt. So schlägt der Würfel immerhin vor, das sogenannte Binnen-I sparsam zu verwenden. Und wenn, dann so: »BürgerIn«. Oder so: »MitarbeitI­n«. Dabei müsste es doch eigentlich »Mitarbeite­rIn« heißen. Der Sprecher des Ministeriu­ms sagt, Christ-Eisenwinde­r finde es »sehr schade, dass sich der Fehlerteuf­el eingeschli­chen hat«. Bei einem eventuelle­n Nachdruck des Würfels würden Fehler »selbstvers­tändlich korrigiert«.

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