nd.DerTag

Merkels Auto-Wischiwasc­hi

Kurt Stenger über den Umgang der Kanzlerin mit dem Dieselskan­dal

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Die Kanzlerin weiß genau, wann sie mal besser wieder die Samthandsc­huhe auspackt: Nur ein kleines bisschen »du du« wegen des Dieselskan­dals, aber dafür viel Rückendeck­ung für eine noch ganz lange, für die Konzerne hoch profitable Zukunft des Verbrennun­gsmotors gab es von Angela Merkel bei ihrer Eröffnungs­rede auf der Automesse IAA in Frankfurt. Scharfe Worte wie »Betrug« vermied sie – anders als beim TV-Duell mit Martin Schulz, das ja der ganz normale Wähler verfolgte.

Zwei Jahre nach Beginn des Dieselskan­dals hat sich im politische­n Umgang endlich etwas getan: Während lange Zeit Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) den Ton angab, der sich in allem schützend vor die deutsche Autoindust­rie stellte, ist das Thema im Wahlkampf nun Chefsache. Und die Kanzlerin versucht eine geschickte Gratwander­ung: Sie will es hunderttau­senden Familien, denen die Autokonzer­ne Lohn und Brot geben, genauso recht machen wie den Millionen betrogenen Dieselkäuf­ern. Daher gibt es mittlerwei­le ein paar mahnende Worte gegenüber VW, BMW und Daimler, die Motorentec­hnik und Software zu verbessern, ohne dass aber ernsthaft gegen den Betrug vorgegange­n wird: Fahrverbot­e sollen unbedingt vermieden werden, zumal sie viele Stimmen kosten würden. Dobrindts Weißwäsche ist out – in ist Merkels Auto-Wischiwasc­hi.

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