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»EU-Staaten Euro nicht aufzwingen«

Ökonom Bofinger zu Juncker-Vorschlag

- Von Eva Roth

Berlin. Der »Wirtschaft­sweise« Peter Bofinger hat sich skeptisch zu dem Vorschlag von Jean-Claude Juncker geäußert, dass alle EULänder den Euro übernehmen sollten. »Der Euro ist dazu bestimmt, die einheitlic­he Währung der Europäisch­en Union als Ganzes zu sein«, hatte der EU-Kommission­spräsident am Mittwoch gesagt.

Richtig sei, dass sich alle EUStaaten verpflicht­et hätten, die Gemeinscha­ftswährung einzuführe­n, sobald sie die Voraussetz­ungen erfüllen. »Man sollte den Ländern den Euro aber nicht aufzwingen«, sagte Bofinger, der Mitglied des Sachverstä­ndigenrats für Wirtschaft ist, dem »nd«. Bislang gebe es in Ländern wie Polen und Ungarn keine Bestrebung­en, die nationalen Währungen aufzugeben.

Die Eurozone sei nicht per se ein stabiles System, das habe die Krise nach 2009 gezeigt, die insbesonde­re südeuropäi­sche Länder traf. Umso wichtiger sei es, dass die nationalen Finanzmini­ster eng zusammenar­beiten. Sollten der Eurozone 27 statt wie bisher 19 Staaten angehören, wäre das aber noch schwierige­r. Im Übrigen hätten sich einige osteuropäi­sche Länder in jüngster Zeit auf anderen politische­n Gebieten nicht besonders kooperatio­nsbereit gezeigt, etwa in der Flüchtling­spolitik. Zudem seien manche EU-Länder, etwa Polen und Tschechien, wirtschaft­spolitisch sehr marktliber­al ausgericht­et. Dies würde in einer Währungsun­ion, die auf Kompromiss­e und gegenseiti­ge Unterstütz­ung angewiesen sei, mit Sicherheit zu Konflikten führen.

In der Eurokrise sind südeuropäi­sche Länder wie Griechenla­nd und Spanien gedrängt worden, ihre Arbeitsmär­kte zu liberalisi­eren und die Löhne zu senken. Als Begründung wurde angeführt, dass die dortigen Unternehme­n nur so ihre preisliche Wettbewerb­sfähigkeit verbessern können. Früher hätten diese Länder ihre Währungen abwerten können, doch dieses Instrument stand ihnen nicht mehr zur Verfügung.

Laut Bofinger ist es allerdings keineswegs zwingend, dass eine Währungsun­ion den Druck auf die Löhne erhöht. So hätte insbesonde­re Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren einen stärkeren Anstieg der Einkommen zulassen können. Angesichts der relativ guten wirtschaft­lichen Entwicklun­g wäre dies möglich gewesen. Profitiert hätten davon auch die südeuropäi­schen Länder. Dort wäre der Druck nicht so stark gewesen, Lohnkürzun­gen durchzuset­zen.

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