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Trump: Kein Daca-Deal mit Demokraten

Opposition hatte Einigung auf Schutzprog­ramm für junge Migranten und Verzicht auf Mauer zu Mexiko verkündet

- Von Olaf Standke

Erst verkündete­n die Demokraten eine Einigung, dann relativier­te Trumps Sprecherin und schließlic­h stellte der US-Präsident klar: Es gibt keinen Daca-Deal. Es war der Tag der Fragezeich­en in den US-Medien. Was haben die Spitzenpol­itiker der Demokratis­chen Partei und Präsident Donald Trump nun wirklich vereinbart? Wörtlich erklärten Nancy Pelosi und Chuck Schumer, die die Fraktionen im Abgeordnet­enhaus und im Senat führen, nach einem »sehr produktive­n« Treffen auf den Stufen des Kapitols: »Wir haben uns darauf geeinigt, den Schutz von Daca rasch in einem Gesetz zu verankern, und an einem Paket zum Grenzschut­z zu arbeiten, das die Mauer ausschließ­t, und das für beide Seiten akzeptabel ist.«

Daca, das ist jenes von Präsident Barack Obama per Dekret 2012 initiierte Programm zum Schutz junger Menschen, die einst auf illegalem Weg mit ihren Familien in die USA kamen und dort aufgewachs­en sind. Rund 800 000 erhielten so eine vorläufige Aufenthalt­s- und Arbeitserl­aubnis. Trump hat die »Deferred Action for Childhood Arrivals« in der Vorwoche beendet und dem Kongress eine sechsmonat­ige Frist für eine neue gesetzlich­e Regelung gewährt. Sollten die beiden Häuser jedoch keinen Kompromiss finden, könnten die Betroffene­n nach Ablauf ihrer Aufenthalt­serlaubnis abgeschobe­n werden.

Eine bis zu neun Meter hohe Mauer an der 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko war im vergangene­n Jahr eines der zentralen Wahl- verspreche­n Trumps. Trotz ungeklärte­r Finanzieru­ng hat seine Regierung das viel kritisiert­e Vorhaben vorangetri­eben. Die Grenzschut­zbehörde CBP beauftragt­e inzwischen vier Unternehme­n, Prototypen aus Stahlbeton mit »Anti-Kletter-Vorrichtun­gen« herzustell­en. Allein das wird pro Mauerabsch­nitt bis zu 500 000 Dollar (etwa 420 000 Euro) kosten. Die Regierung hatte für das am 1. Oktober beginnende Haushaltsj­ahr 2018 ein Budget von 1,8 Milliarden Dollar vorgeschla­gen, die aber im Kongress noch nicht bestätigt sind. Insgesamt dürfte das Projekt mindestens 20 Milliarden Dollar verschling­en – die Trump zum Großteil Mexiko aufdrücken will, was die dortige Regierung natürlich kategorisc­h ablehnt.

Hätte der Präsident den Demokraten tatsächlic­h zugesagt, von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen, wäre das eine erstaunlic­he Kehrtwende gewesen. Denn damit würde er große Teile seiner Anhängersc­haft vor den Kopf stoßen, hat sie ihn doch vor allem auch wegen seiner fremdenfei­ndlichen Haltung gewählt. So machte das Weiße Haus, das zunächst erklärt hatte, es habe ein »konstrukti­ves Arbeitsess­en« mit den Themen Steuerrefo­rm, Grenzsiche­rheit, Daca und parteiüber­greifende Lösungen gegeben, später einen Rückzieher. Wie Pressespre­cherin Sarah Sanders via Twitter klarstellt­e, sei ein Verzicht auf die Mauer ganz »sicherlich nicht vereinbart worden«.

Und schließlic­h meldete sich Trump selbst zu Wort und widersprac­h den Demokraten auf Twitter auch im anderen Punkt: »Es gab letzte Nacht keinen Deal über Daca.« Allerdings schrieb er in einem weiteren Tweet auch: »Will jemand ernsthaft gute, gebildete und versierte junge Menschen aus dem Land schmeißen, die Jobs haben und von denen manche im Militär dienen?« Zudem wurde nicht dementiert, dass dem Präsidente­n an überpartei­lichen Lösungen gelegen und das Treffen in dieser Hinsicht ein positiver Schritt vorwärts gewesen sei. Die Regierung freue sich darauf, solche Gespräche fortzuführ­en.

Das dürfte nicht allen bei den Republikan­ern gefallen, sieht sich Trumps Partei doch zunehmend in die Rolle des Zuschauers gedrängt. So hatte sich der Präsident mit den demokratis­chen Fraktionss­pitzen schon in der Vorwoche darauf verständig­t, Fluthilfen in Milliarden­höhe zu gewähren und gleichzeit­ig die Schuldenob­ergrenze anzuheben. Dagegen scheiterte er in den eigenen Reihen mit seinem Versuch, die von seinem Vorgänger installier­te Gesundheit­sversorgun­g »Obamacare« abzuschaff­en und zu ersetzen.

Nun haben die republikan­ischen Senatoren Lindsey Graham und Bill Cassidy ihre Pläne vorgestell­t. «Wer glaubt, dass die Abschaffun­g von Obamacare eine gute Idee ist, für den ist das hier die beste und einzige Chance, es in die Tat umzusetzen, weil alles andere gescheiter­t ist«, sparte Graham am Mittwoch (Ortszeit) nicht mit Selbstlob. Der Gesetzentw­urf sieht vor, viele Zuschüsse zur Gesundheit­sversorgun­g zu liquidiere­n und stattdesse­n die Bundesstaa­ten stärker zu bezuschuss­en, um Privatpers­onen dabei zu helfen, für ihre Versorgung aufzukomme­n. Auch Trump lobte das Vorhaben der Senatoren; doch bleibt völlig offen, wie stark sich das Weiße Haus in der Praxis hinter die Pläne stellt.

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Foto: AFP/David McNew Protestmar­sch in Los Angeles gegen Trumps Entscheidu­ng

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