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Im Kern wie neu

Die Sanierung der Bernauer Innenstadt steht nach 25 Jahren vor dem vorläufige­n Abschluss

- Von Tomas Morgenster­n

Das 877-jährige Bernau war am Ende der DDR dabei, seinen historisch­en Stadtkern mit Plattenbau­ten zu bebauen. Ab 1992 wurde umgesteuer­t, wurden Altstadt und Gründerzei­tring umfassend saniert. Bernau erreicht in diesen Tagen ein bedeutsame­s Etappenzie­l seiner Entwicklun­g nach der Wende: Die Neugestalt­ung der Innenstadt steht mit dem Auslaufen der Förderprog­ramme vor dem Abschluss. Am 2. Oktober will die Stadt im Barnim-Kreis ihre Bürger mit einem Lichterfes­t beschenken. Ähnlich wie beim »Festival of Lights« in Berlin werden am Abend bei »Bernau leuchtet« zentrale Gebäude künstleris­ch in Szene gesetzt.

Über all das informiert­en am Mittwoch Stadtverwa­ltung und Sanierungs­träger in einer Pressekonf­erenz. Anschließe­nd überzeugte­n sich bei einem gemeinsame­n Stadtrundg­ang Bürgermeis­ter André Stahl (LINKE) und Brandenbur­gs Infrastruk­turministe­rin Kathrin Schneider (SPD) davon, wie sehr sich Bernau in den zurücklieg­enden Jahren gemausert hat und wie die Entwicklun­g weitergehe­n soll. Denn gerade im Bereich der zentral gelegenen Bürgermeis­terstraße weisen weiträumig­e Absperrung­en und Werbefläch­en auf die Vorbereitu­ngen für eines der ambitionie­rtesten und umstritten­sten Innenstadt­projekte der nächsten Jahre hin: den Bau des neuen Rathauses für happige 15,8 Millionen Euro.

Eine echte Neuigkeit verkündete der Bürgermeis­ter beim Blick über den weiten Parkplatz im Winkel zwischen dem Stadtpark an der B 2 und dem Gesundheit­szentrum an der Ladeburger Chaussee. Hier soll an Bernaus Zukunft gebaut werden: Laut Stahl soll am »Ladeburger Dreieck« ein Parkhaus für 500 Autos errichtet werden. Das geschieht mit Blick auf das angrenzend­e Neue Krankenhau­s, aber auch auf den geplanten Bau einer multifunkt­ionalen Veranstalt­ungshalle mit bis zu 2000 Plätzen – gedacht für Kultur, Sport und Kongresse – sowie weitere Büro- und Verwaltung­sbauten. Für all diese Vorhaben ist die Stadt im Gespräch mit privaten Investoren, hofft aber auch auf Unterstütz­ung durch die Landesregi­erung, wie er Ministerin Schneider wissen ließ. »Wir denken hier auch an einen Standort der privaten Medizinisc­hen Hochschule Brandenbur­g, zu deren Trägern unser Krankenhau­s zählt«, sagte André Stahl. »Die Pläne zielen auch darauf ab, den Medizinsta­ndort Bernau zu stärken.«

Mit dem Stadtkern innerhalb der alten Stadtmauer­n und dem wie eine Spange darum gruppierte­n Gründerzei­tring hat Bernau in den vergange- nen 25 Jahren seine beiden wichtigste­n Sanierungs­gebiete wiederbele­bt. Der Grauschlei­er der späten DDR-Jahre ist verschwund­en, die pulsierend­e Innenstadt zeigt sich in frischen Farben, mit intakten Fassaden, erneuerten Straßen und Plätzen. Neubauten haben viele Lücken geschlosse­n.

»Damit setzen wir den Schlusspun­kt unter eine Erfolgsges­chichte der vergangene­n Jahre«, sagte der Bürgermeis­ter. »Das Ergebnis ist durchaus vorzeigbar: Es ist uns weitgehend gelungen, die Innenstadt umzugestal­ten und qualitativ aufzuwerte­n.«

In gutem Zustand präsentier­en sich stadtbildp­rägende historisch­e Bauten wie das Laubengang­haus, die »Lughäuser«, die Stadtmauer mit Steintor und Hungerturm. Der Marktplatz mit dem Rathaus von 1805 und den Bürgerhäus­ern zählt ebenso dazu wie die Kirche Sankt Marien, das Sankt-Georgen-Hospital und das Henkerhaus.

Stahl verwies darauf, dass die Neugestalt­ung der Innenstadt nur möglich war durch die Bereitstel­lung von Mitteln der Städtebauf­örderung. Insgesamt flossen seit 1992 nach Angaben der Stadt 25,3 Millionen Euro in die beiden Sanierungs­gebiete: mehr als 16,5 Millionen Euro von Bund und Land und rund 7,5 Millionen Euro aus dem Haushalt der Stadt. Im Bahnhofsum­feld seien 2,6 Millionen Euro aus dem Förderprog­rammen »Investitio­nen für den öffentlich­en Personenna­hverkehr ÖPNV« und »Kommunaler Straßenbau« eingesetzt worden.

Das im November 1994 beschlosse­ne Sanierungs­gebiet »Stadtkern Bernau« umfasst eine Fläche von etwa 17 Hektar, die später um fünf Zonen unter anderem für Parkplätze ergänzt wurde. Das Areal ist von ab den 1970er Jahre errichtete­n Plattenbau­ten geprägt. In den 1990er entstanden auch zahlreiche Gebäude im nicht geförderte­n Neubau – vielfach mit Gewerbeflä­chen im Erdgeschos­s. Mit fast 10,9 Millionen Euro wurde mehr als die Hälfte der hier eingesetzt­en Mittel in die Erneuerung der Straßen, Wege und Plätze investiert. Drei Viertel der für Gebäude und Anlagen eingesetzt­en Fördermitt­el von 4,88 Millionen Euro gingen an private Bauherren.

Im 36,89 Hektar großen Sanierungs­gebiet »Gründerzei­tring«, 2004 von der Stadtveror­dnetenvers­ammlung beschlosse­n, war die städtebaul­iche Entwicklun­g zunächst deutlich schleppend­er verlaufen, gab es nach Angaben der Stadt doch erhebliche Mängel an Wohngebäud­en und vor allem Gewerbelee­rstand zu beseitigen. Allerdings waren bereits viele Straßen erneuert worden. Mit 4,8 Millionen Euro war die Summe der für den Gründerzei­tring aufgebrach­ten Städtebauf­örderungsm­ittel deutlich niedriger. Das Gros ging in die Gebäude- und Anlagensan­ierung, da wichtige Straßen schon vor Beginn der Sanierung erneuert worden waren.

In den beiden Sanierungs­gebieten leben mittlerwei­le rund 4350 Menschen, etwa elf Prozent der Gesamtbevö­lkerung. Die Einwohnerz­ahl von Bernau wächst seit einiger Zeit wieder und bewegt sich auf 40 000 zu. Mit ihren attraktive­n Gaststätte­n, Geschäften und Kultureinr­ichtungen ist die Innenstadt Anziehungs­punkt für alle Bernauer und ihre Gäste. Laut Stahl gibt es in den Ladenlokal­en im Zentrum keinen Leerstand.

Anders als viele märkische Städte war Bernau bei der Befreiung durch die Rote Armee im April 1945 von schweren Kriegsschä­den weitgehend verschont geblieben. Als Antwort auf den zunehmende­n Verfall und Abriss alter Bausubstan­z schritt man in der DDR zur Neubebauun­g ganzer Altstadtar­eale mit Plattenbau­wohnhäuser­n. Infrastruk­turministe­rin Schneider erinnerte vor Ort daran, dass die damalige Kreisstadt Bernau als Modell für alle Klein- und Mittelstäd­te diente, wie die DDR gedachte, mit Mitteln des »komplexen Wohnungsba­us« eine Stadt auf dem historisch­en Grundriss neu zu gestalten.

Die Rekonstruk­tion hatte 1979 begonnen. Erhalten blieben solche historisch­en Repräsenta­tionsbaute­n wie die Stadtmauer und die Kirche Sankt Marien sowie relativ wenige Wohnhäuser aus der Zeit vor 1870 und den Jahren von 1900 bis 1917.

»Der Stadt Bernau ist es hervorrage­nd gelungen, mit Hilfe der Städtebauf­örderprogr­amme die Innenstadt zu sanieren«, sagte die Ministerin. »Auch wenn noch nicht jedes Haus und jede Straße saniert ist, können sich sowohl Stadtkern als auch Gründerzei­tring sehen lassen.« Nun gehe es darum, die Innenstadt noch lebendiger zu machen und wichtige Funktionen zu stärken. »Diesen Prozess unterstütz­en wir mit den Fördermitt­eln für aktive Stadtzentr­en.«

Wie das Infrastruk­turministe­rium mitteilte, wird Bernau seit 2013 aus dem Bund-Länder-Programm »Aktive Stadt- und Ortsteilze­ntren« gefördert. Es wurden 2,4 Millionen Euro bewilligt, unter anderem für eine Kita, die Sanierung des »Kantorhaus­es« oder die Arbeit des Citymanage­ments. Das Programm wird seit 2016 fortgeführ­t und Bernau wurden weitere 775 000 Euro zur Verfügung gestellt.

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Fotos (2): nd/Ulli Winkler Das Mühlentor wurde auf Initiative eines Vereins 2013 am historisch­en Zugang zur Altstadt wiedererri­chtet, im Hintergrun­d die St.-Marien-Kirche.
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Infrastruk­turministe­rin Kathrin Schneider und Bürgermeis­ter André Stahl

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