Europa zuerst!
Dieses Buch ist eine europäische Unabhängigkeitserklärung. Europa und die Europäische Union sind anziehend genug, um die aktuellen Anfechtungen zu überstehen und aus ihrer seit langem schwersten Krise kraftvoller hervorzugehen. Das kann aber nur gelingen, wenn selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger die Herausforderungen annehmen und der autoritären Welle entschieden widerstehen, die nicht nur in Europa anbrandet, sondern rund um den Globus läuft und mancherorts schon zu »Land unter« geführt hat.
Dass im politischen Raum derzeit »alles möglich ist«, wie in den letzten Monaten oft zu hören war, zeigt sich, wenn ein absoluter Außenseiter wie Donald Trump Amerika erobert, aber auch, wenn ebenso überraschend der Franzose Emmanuel Macron mit frischen Ideen in den Elysée einzieht. Mit Europa ist Anderes und Besseres möglich als der von den Existeers verschiedener Couleur beschworene Niedergang. In Österreich sind 2016 die Blau-Braunen zurückgeschlagen worden, in den Niederlanden reichte es im März 2017 für Geert Wilders bei weitem nicht zur Machtübernahme, und auch in Frankreich wurde Marine Le Pen ihre Grenzen aufgezeigt. Der Brexit, der am 29. März 2017 eingeleitete Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, hat nicht den von den Rechtspopulisten erhofften Dominoeffekt, sondern eine politische Katerstimmung ausgelöst. Die Präsidentschaft Trumps erzeugt nicht nur in den USA Widerstand – im Kongress, in den »sanctuary cities« und auf den Straßen und Plätzen –, sie stärkt auch Europas Widerstandskräfte. So wie Stalin nach 1945 als unfreiwilliger Geburtshelfer der Europäischen Gemeinschaft angesehen wurde, könnten Trump und Putin einmal als Wegbereiter ihrer Renaissance in die Geschichte eingehen.
Europäische Werte der Aufklärung, der Demokratie und der Bürgergesellschaft stehen auf dem Prüfstand, die Institutionen der Europäischen Union gehören reformiert.
Aus der Einleitung von Claus Leggewie zu seinem Buch »Europas zuerst! Eine Unabhängigkeitserklärung« (Ullstein, 318 S., geb., 22 €).