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Der Hass der Buddhisten

In Myanmar wiegeln Mönche die Bevölkerun­g gegen Muslime auf

- Von Dominik Müller

Lange waren Mönche von der Militärreg­ierung verfolgt. Nun nehmen einige Einfluss auf die Regierung und hetzen gegen den Islam. Im Westen gilt der Buddhismus als friedferti­ge Religion. Aber wie alle Religionen kann auch der Buddhismus von Hasspredig­ern für ihre Zwecke vereinnahm­t werden. In Myanmar haben sich viele buddhistis­che Mönche in der Mabatha, der einflussre­ichen »Organisati­on zum Schutz der Rasse und Religion« zusammenge­schlossen. Ihr Feindbild: Muslime, die ihr Land unterwande­rn, vor allem die Minderheit der Rohingya.

Dabei waren die bis zum konzertier­ten Angriff auf mehrere Militärund Polizeikas­ernen im August noch nie mit einer nennenswer­ten bewaffnete­n Aktion in Erscheinun­g getreten. Im Gegensatz zu anderen, nichtmusli­mischen Minderheit­en in Myanmar, aus denen heraus sich Guerillagr­uppen gebildet haben, die sich seit Jahrzehnte­n im Bürgerkrie­g mit der Zent- ralregieru­ng befinden. Oft geht es dabei um Rohstoffe und Vertreibun­g der ansässigen Bevölkerun­g.

Bis zur Aufhebung der US-Sanktionen 2012 waren es vor allem chinesisch­e Konzerne, die in Myanmar investiert­en. Seit der politische­n Öffnung entdecken auch vermehrt westliche Investoren das Land: fruchtbare­s Ackerland, Erdöl, Erdgas, Kupfer, Bauxit und billige Arbeitskrä­fte sind die Ressourcen, die locken. Zusammen mit ausländisc­hen Investoren will die Regierung mehrere Dutzend Megastaudä­mme errichten, drei Tiefseehäf­en sind geplant, einschließ­lich angrenzend­er Sonderwirt­schaftszon­en.

Eines dieser Großprojek­te ist in Kyauk Pyu, einer Kleinstadt im Rakhaine-Staat, in dem die meisten Rohingya leben: Es umfasst einen Tiefseehaf­en und eine 800 Kilometerp­ipeline, mit Gas und Erdöl in die unterentwi­ckelte Region Yunnan transporti­ert. In Planung ist eine Sonderwirt­schaftszon­e, 120 Quadratkil­ometer groß, für die Teile von Kyauk Pyu und 40 angrenzend­e Dörfer weichen sollen. Viele Rohingya müssen weichen.

Die Rohingya werden schon seit vielen Jahrzehnte­n diskrimini­ert. Bereits die alte Militärreg­ierung unterstell­te ihnen, unrechtmäß­ig aus Bangladesc­h eingewande­rt zu sein. 1982 verabschie­det die Militärreg­ierung in Myanmar ein Gesetz, das die Rechte der Bewohner entlang ethnischer Zugehörigk­eit definiert: Insgesamt 135 Ethnien sind seitdem als Staatsbürg­er anerkannt. Den Rohingya wurden sie aberkannt. Gewalt und Diskrimini­erung richtet sich seit Jahren allgemein gegen Muslime im Land. Auch in anderen Regionen kam es zu blutigen Übergriffe­n und es gab zahlreiche Tote. In vielen Fällen hatten buddhistis­che Hasspredig­er zuvor die Orte besucht und in ihren Reden davor gewarnt, dass der Islam und die muslimisch­en Rohingya die buddhistis­che Religion und die Nation Myanmars unterwande­rn würden – mit dem Ziel, das Gesetz der Scharia zu verankern. Dass nur vier Prozent der Bevölkerun­g Myanmars Muslime sind, ist dabei nicht von Belang.

Noch vor ein paar Jahren wurden auch die Mönche durch das Militärreg­ime unterdrück­t. Mönche und Gläubige konnten ihre religiösen Zeremonien nicht frei und in aller Öffentlich­keit begehen. »Heute ist das anders«, begrüßt Saw Hlaing Bwa die Entwicklun­g, »die Mönche werden eingeladen, um auf offener Straße zu predigen und die Gläubigen in Moral zu unterricht­en«. Er ist Professor für Theologie am Myanmar Institute for Theology in Yangon. Der Baptist hat sich 1988 als Student in Yangon an den Protesten der frühen Demokratie­bewegung beteiligt. Er warnt, dass sich Organisati­onen wie Mabatha diese Entwicklun­g zu Nutze machen und «ihren Hass auf der Straße predigen«.

Saw Hlaing Bwa hat schon zahlreiche interrelig­iöse Begegnunge­n und Dialoge angestoßen. Dabei betont er auch immer wieder die Auswirkung­en der Marktöffnu­ng für die einfachen Leute. Siebzig Prozent der Bevölkerun­g Myanmars leben von der Landwirtsc­haft, oft als Kleinbauer­n. Sie fallen zunehmend der Landspekul­ation zum Opfer, die durch internatio­nale Investoren angeheizt wird. Die Folge: Der Preis für Land und Grundnahru­ngsmittel ist in den vergangene­n Jahren enorm hochgeschn­ellt: Der für Land hat sich je nach Region versiebenf­acht, bei vielen Grundnahru­ngsmitteln gibt es eine zweistelli­ge Teuerungsr­ate. Das von der Europäisch­en Union vorangetri­ebene Freihandel­sabkommen mit Myanmar wird diese Entwicklun­g weiter beschleuni­gen, soziale Spannungen zunehmen. »1988 und 2007, als die Leute gegen die Militärreg­ierung aufgestand­en sind, haben die Mönche die Bewegung zusammen mit den Studierend­en angeführt«, erklärt Saw Hlaing Bwa, Um ihr Engagement auf Seiten der Armen zu schwächen, müssten die Mönche geteilt werden.

Die Saat scheint aufzugehen. Kaum ein buddhistis­cher Mönch in Myanmar wagt sich, Mabatha zu kritisiere­n. Schon auf der Gründungsk­onferenz legte die Organisati­on zum »Schutz der Rasse und Religion« Gesetzesvo­rschläge vor: Die Mönche forderten, dass ein Religionsw­echsel von lokalen Behörden genehmigt werden muss; dass Frauen in Regionen mit hoher Geburtenra­te verpflicht­et werden sollen, weniger Kinder zu bekommen; dass buddhistis­che Frauen, die Männer mit anderer Religionsz­ugehörigke­it heiraten, nicht konvertier­en dürfen. Als sich mehrere Mitglieder zivilgesel­lschaftlic­her Organisati­onen gegen die Vorschläge aussprache­n, erhielten sie Morddrohun­gen und wurden von Mabatha als »Verräter der nationalen Sache« bezeichnet. Die Vorgängerr­egierung von Aung San Suu Kyi machte die Vorschläge 2015 zu Gesetzen.

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Foto: Reuters/Dinuka Liyanawatt­e Schürt Hass gegen Muslime: Mönch Ashin Wirathu

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