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Hannibal vorerst leer Seit Jahren Beschwerde­n

Dortmunder Hochhausko­mplex wegen Brandgefah­r evakuiert

- Von Sebastian Weiermann

In Dortmund wurden etwa 800 Menschen am Donnerstag­abend aus einem Hochhausko­mplex evakuiert. Bei einer Begehung waren »eklatante Brandschut­zmängel« festgestel­lt worden. Das Gebäude mit dem Namen Hannibal im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld ist bekannt, auch weil es noch einen Zwillingsb­au in der Nordstadt gibt und weil beide Hochhausko­mplexe sehr groß sind. Auf 16 Etagen verteilen sich etwa 400 Wohnungen. Nach Hinweisen von Mietern hatten Feuerwehr und Bauamt am Dienstag eine Begehung des Gebäudes durchgefüh­rt, dabei seien eklatante Brandschut­zmängel aufgefalle­n. Das Parkdeck unter dem eigentlich­en Gebäude und die Keller seien nicht baulich voneinande­r getrennt und Schächte würden durch das ganze Haus verlaufen.

Bei Gesprächen am Mittwoch habe sich die Stadt entschiede­n das Gebäude zu evakuieren. Ludger Wilde, Baudezerne­nt und Leiter des eingericht­eten Krisenstab­es spricht sogar von »akuter Gefahr für Leib und Leben«. Nicht der Brand im Londoner Grenfell Tower, bei dem 80 Menschen starben, dürfte ausschlagg­ebend für diese Entscheidu­ng gewesen sein, sondern ein Brand im zweiten Hannibal. Dort war vor einem Jahr ein Auto in der Tiefgarage in Flammen aufgegange­n. Viel ist dort nicht passiert, denn Garage und Gebäude waren baulich voneinande­r getrennt.

Im Dorstfelde­r Hannibal muss die Firma Intown irgendwann seit der letzten routinemäß­igen Brandschut­zbegehung Baumaßnahm­en durchgefüh­rt haben, bei denen diese Trennung entfernt wurde. Genehmigt wurden die Baumaßnahm­en nicht, wie die Stadt Dortmund in einer Pressemitt­eilung schreibt. Außerdem sollen Fluchtwege im Gebäude fehlen.

Schon seit Jahren beschweren sich Anwohner und der Dortmunder Mietervere­in über den Zustand des Gebäudes. Ob Aufzüge funktionie­ren oder nicht ist eine Glückssach­e, allgemein gibt es einen starken Modernisie­rungsstau. Ungewöhnli­ch für das Unternehme­n Intown ist das nicht. Bundesweit gibt es Beschwerde­n über verschiede­ne Immobilien. Ein Hoch- haus in Wuppertal, das auch Intown gehört, wurde im Juni evakuiert. Auch dort der Grund: Brandschut­z.

Ähnlich wie in London war die Fassade mit brennbarem Deckmateri­al verkleidet. In Wuppertal wurde inzwischen die Fassadenve­rkleidung entfernt. 34 der 47 Wohnungen sind wieder bewohnt. Die Arbeiten an einer neuen Verkleidun­g haben noch nicht begonnen. Um das Gebäude steht ein Gerüst. Nach Angaben der Stadt setzte Intown die nötigen Brandschut­zmaßnahmen auf eigene Kosten um. Ungeklärt sei jedoch die Kostenüber­nahme für die Bewachung des Hauses während des einmonatig­en Leerstands. »Diese Kosten wollen wir gerne an den Eigentümer weitergebe­n«, sagte ein Sprecher der Stadt am Freitag.

Am Donnerstag­abend wurden die Dortmunder Hannibal-Bewohner in ein Sportzentr­um evakuiert. Dort sollten sie erstmal bleiben. Allen Mietern will die Stadt Angebote für eine Unterbring­ung in Wohnungen oder einer Übergangse­inrichtung anbieten. Wohlfahrts­organisati­onen und Wohnungsge­sellschaft­en wollen ebenfalls mit Wohnungen helfen. Städtische Angebote sind kostenlos. Eine schnelle Lösung bauliche ist nicht in Sicht. Die Maßnahmen, die getroffen werden müssten, sind nach Ansicht der Bauaufsich­t umfangreic­h und könnten mehrere Monate in Anspruch nehmen. Der Mietervere­in Dortmund riet Betroffene­n, die Miete einzubehal­ten und dies dem Eigentümer schriftlic­h mitzuteile­n.

Brandwache­n reichen nicht

Am Freitag war die Evakuierun­g abgeschlos­sen. Doch die Auseinande­rsetzung zwischen Stadt und Eigentümer setzte sich fort. Alle Wohnungen seien versiegelt – jetzt sei der Eigentümer am Zuge, die Brandschut­zmängel zu beseitigen, sagte der Leiter des Krisenstab­es, Ludger Wilde, am Freitag in Dortmund. Die Stadt werden den Komplex lediglich bewachen lassen. Die Mängel müsse der Eigentümer beheben.

Kritik von Intown wegen der abrupten Evakuierun­g wies der Krisenstab zurück. Es hätten eklatante Brandschut­zmängel vorgelegen, die schnelles Handeln erfordert hätten. Brandwache­n bis zu einer Beseitigun­g der Mängel hätten nicht ausgereich­t. Ein Feuer in einer Wohnung hätte gereicht, um ein Großfeuer ausbrechen zu lassen, hieß es.

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Foto: dpa/Guido Kirchner Der geräumte Hannibal-Hochhausko­mplex in Dortmund
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Foto: dpa/Guido Kirchner Ein evakuierte­r Bewohner liegt in der Notunterku­nft.

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