nd.DerTag

Ausgeblieb­ener Boom

Wirtschaft­swachstum pro Kopf im Wahljahr schwach

- Von Wolfgang Kühn

Die Wirtschaft wächst, die Bevölkerun­g auch – am Ende bleibt gar nicht so viel mehr übrig für den einzelnen Bundesbürg­er. Die deutsche Wirtschaft brumme, besser hätte es für die Wahlkämpfe­rin Angela Merkel nicht laufen können – so der Tenor vieler Medienberi­chte in jüngster Zeit. Offensicht­lich haben die Autoren ein gestörtes Verhältnis zu Zahlen.

Betrachten wir die von Statistisc­hes Bundesamt gelieferte­n Daten etwas genauer. Nachdem die Einwohnerz­ahl der Bundesrepu­blik bis 2013 zwischen 80 und 81 Millionen Einwohnern stagnierte, wird gegenwärti­g mit etwa 83 Millionen gerechnet. Das Bruttoinla­ndsprodukt – die Summe aller produziert­en Erzeugniss­e und Dienstleis­tungen – wird daher von deutlich mehr Personen verbraucht. Wohlstands­zuwächse sind deshalb in Pro-KopfDaten zu interpreti­eren. Preisberei­nigt standen im zweiten Quartal 2017, gemessen am Basisjahr 2010, lediglich 7,89 Prozent mehr Bruttoinla­ndsprodukt je Einwohner zur Verfügung. Für einen so langen Zeitraum kein üppiger Zuwachs. Hinzu kommt, der jüngste Wert ist nicht einmal ein Maximalwer­t. Im dritten Quartal 2016 waren es schon einmal 9,76 Prozent.

Die Botschaft der Statistik ist eindeutig: Die Bundesrepu­blik erlebt gegenwärti­g keinen Boom, die Wirtschaft stagniert.

Es gibt jedoch einen Posten mit kontinuier­lichem Wachstum: die Verteidigu­ngsausgabe­n. Laut Statistisc­hem Bundesamt lagen sie im ersten Halbjahr 2017 bei mehr als 15 Milliarden Euro, eine bedeutend höhere Summe als in den zurücklieg­enden Zeiten. Vergleicht man die Ausgaben ebenfalls mit dem Basisjahr 2010 dann ergibt sich eine überdurchs­chnittlich­e Wachstumsr­ate von 15,7 Prozent.

Es gibt auf einigen Gebieten also doch einen Boom. Donald Trump kann sich auf seine deutschen Bündnispar­tner verlassen.

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