nd.DerTag

Für mehr Teilhabe

- Von Karla Kresse-Schönstedt

Ein

vielseitig engagierte­r Kulturwiss­enschaftle­r wünscht sich eine rot-grün-rote Regierung. Und damit diese Mehrheit zustande kommt, hat Wolfgang Herzberg ein »Manifest« verfasst. Dieses trägt eine bombastisc­he Unterzeile: »Programmat­ische Grundbaust­eine zivilgesel­lschaftlic­her Bewegungen und demokratis­cher Steuerungs­mittel für eine sozial-ökologisch­e Zeitenwend­e«. Nun, er kann auch schlichter: »Kultur vor Ort bringt jedem Gewinn und stärkt demokratis­chen Bürgersinn.« Oder: »Alle solidarisc­hen Köpfe und Hände für eine sozial-ökologisch­e Zeitenwend­e!«

Dazwischen findet sich aber auch manch Sinnvolles. Herzberg stellt aus den Parteiprog­rammen von SPD, Grünen und Linksparte­i Aussagen nebeneinan­der, die, wie es im Politikers­prech heißt, Schnittste­llen darstellen. (Andere nehmen sie als Beleg für die Abwesenhei­t von originären Profi-

»Kultur vor Ort bringt jedem Gewinn und stärkt demokratis­chen Bürgersinn.«

len.) Daran knüpft er seine Überlegung­en, was sich – bei Übernahme von Regierungs­verantwort­ung – daraus für praktische politische Schritte ergeben müssten. Auf allen Feldern macht er detaillier­te Vorschläge, nützliche und auch etwas weltfremd anmutende. So wäre etwa »die Bildung eines paritätisc­h funktionie­renden, gemeinsame­n, national und internatio­nal ausgericht­eten, sozial-ökologisch orientiert­en TVProgramm­s, möglicherw­eise auch einer Zeitung oder Zeitschrif­t aller Linkskräft­e und darüber hinaus interessie­rter Organisati­onen, oder mindestens ein gemeinsame­s Internet-Diskussion­sforum, auch offen für Blogger [...] dringend geboten«.

Das sind Überlegung­en – oder wie es hier heißt »Bausteine« –, die ein wenig alt- und hausbacken wirken, weil sie erkennbar tradierten Mustern folgen. Die darüber gegossene modernisti­sche Sprach-Tünche nimmt ihnen nicht den Geist der post-68er Jahre. Man kann das antiquiert oder illusorisc­h nennen. Eines jedoch kann man Herzberg nicht nachsagen: Dass er sich mit dem Zustand der Gesellscha­ft abfände. Er will sie »aus zwingenden moralische­n Motiven« ändern, mit evolutionä­ren und revolution­ären Mitteln einen sozialen Wandel herbeiführ­en. Ach, möchte man da rufen: Wer nicht? Wünschen wir Wolfgang Herzbergs »Manifest« in Gottes Gehörgang und uns allen die Einsicht, dass Regieren und Machthaben noch immer zwei verschiede­ne Dinge sind.

Wolfgang Herzberg: Manifest der Teilhabe. Verlag am Park in der Edition Ost, 136 S., br., 12,99 €.

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