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Sparplan für Antibiotik­a zeigt Wirkung

Niedersach­sens rot-grüne Regierung legt Bilanz vor

- Von Hagen Jung, Hannover

Es kratzt im Hals, schon drängt der Patient bei seinem Hausarzt auf Antibiotik­a – und schnell erfüllt der Mediziner diesen Wunsch. Nicht selten begann so in vergangene­n Jahrzehnte­n die Behandlung auch einer leichten bakteriell­en Mandelentz­ündung oder einer anderen undramatis­chen Infektion. Offensicht­lich sind die hochwirksa­men Medikament­e derart häufig eingenomme­n, aber auch beim Fleischgen­uss so oft mit verzehrt worden, dass etliche dieser durchaus segensreic­hen Mittel bei vielen Menschen nicht mehr wirken. Erst recht nicht gegen die gefürchtet­en multiresis­tenten Keime (MRSA) in Krankenhäu­sern.

Dieser Gefahr, die bei schweren Entzündung­en lebensbedr­ohlich sein kann, hat Niedersach­sens rotgrüne Landesregi­erung seit geraumer Zeit eine »Antibiotik­a-Strategie« entgegenge­stellt und damit nach eigener Darstellun­g Erfolge erzielt. Von allen Krankheits­erregern, die in niedersäch­sischen Kliniken festgestel­lt wurden, zählten im Jahr 2010 noch 25 Prozent zu den MRSA, 2016 waren es nur noch 16 Prozent, berichtete Gesundheit­sministeri­n Cornelia Rundt (SPD) in dieser Woche vor der Presse in Hannover. Zu verdanken sei das zum einen »stringente­n Regelungen zur Hygiene in Krankenhäu­sern, Altenheime­n und Praxen«, zum anderen dem sensiblere­n Umgang mit Antibiotik­a.

Jeder und jede könne etwas dazu tun, dass die Wirksamkei­t dieser Medikament­e erhalten bleibt, betonte Rundt – sowohl beim Verordnen und Einnehmen als auch beim Entsorgen der Substanzen. Um die Bevölkerun­g über die Folgen eines zu häufigen Einsatzes aufzukläre­n, hat das Land eine Internetpl­attform – www.antibiotik­astrategie.niedersach­sen.de – geschaffen und Flyer herausgege­ben, in denen einfache aber wichtige Hinweise zu finden sind. Etwa, dass Antibiotik­a gut gegen Bakterien, nicht aber gegen Viren helfen, also auch nicht gegen Schnupfen. Ein Fortbildun­gsangebot für Ärzte und andere, die mit Antibiotik­a zu tun haben, gehört ebenfalls zur Strategie in Niedersach­sen.

An ihrer Seite hatte Cornelia Rundt beim Rückblick auf das Anti-MRSA-Programm Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Meyer (Grüne), der immer wieder vor der Verwendung stark wirkender, sogenannte­r Reserveant­ibiotika in der Nutztierha­ltung warnt. Mit ihnen werden Kranke behandelt, wenn bei bedrohlich­en Infektione­n alle anderen gebräuchli­chen Antibiotik­a nicht mehr helfen. Man dürfe nicht »in der Tierhaltun­g die letzten Reserveant­ibiotika der Menschheit verschwend­en«, mahnte Meyer. Und er appelliert­e an seinen Amtskolleg­en im Bund, Christian Schmidt (CSU), dieser möge endlich eine Liste von Reservemed­ikamenten aufstellen, die nicht mehr im Stall eingesetzt werden dürfen oder nur noch unter strengen Auflagen.

In Niedersach­sens Ställen sei die Anwendung von Antibiotik­a dank der Landesstra­tegie in den vergangene­n fünf Jahren um über 50 Prozent gesunken, so Meyer. Bei Hühnern allerdings nur um knapp 30 Prozent. Es ist Wahlkampf, und so fühlte sich die Niedersach­senCDU bewogen, am Rande der Pressekonf­erenz zu erinnern: Es seien Verantwort­liche der Union gewesen, die seinerzeit den Rahmen geschaffen haben für die Antibiotik­a-Minimierun­g bei Tieren.

Apropos: Wie die Landtagswa­hl auch ausgeht am 15. Oktober in Niedersach­sen – das Ziel, Antibiotik­aresistenz­en abzubauen, werde weiter über Ressortgre­nzen hinaus verfolgt werden, kündigte Ministerin Rundt an. Um das zu gewährleis­ten, habe ein interminis­terieller Arbeitskre­is entspreche­nde »Strukturen geschaffen«.

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