nd.DerTag

Unsoziale Steuersenk­ungen

- Eva Roth über die Kritik an Wahlverspr­echen

Dauernd werden führende deutsche Wirtschaft­sforscher von kritischen Beobachter­n dafür geschimpft, dass sie ständig marktliber­ale Positionen vertreten, den Mindestloh­n bekämpft haben und am Sozialstaa­t herummäkel­n. Die Kritik ist berechtigt. Gerade deshalb sollten Positionen, die mal in eine andere Richtung gehen, gewürdigt werden. So hat der führende Wirtschaft­sforscher Marcel Fratzscher jetzt ein Vorhaben gerügt, das aus sozialer, nicht aus marktliber­aler Sicht schlecht ist: Das Verspreche­n von CDU/CSU und SPD, Einkommens­teuern zu senken, würde hauptsächl­ich dem oberen Drittel zugute kommen, sagt er. Wichtiger als solche Steuersenk­ungen seien Investitio­nen in Bildung und Breitband. Genau.

Schade, dass der Ökonom eins nicht erwähnt: Der Staat kann seine Einnahmen sogar erhöhen, um mehr investiere­n und mehr für den sozialen Ausgleich tun zu können, zum Beispiel, indem er von sehr reichen Bürgern und Unternehme­n mehr Steuern verlangt. Nun gut, danach ist er in dem Interview leider nicht gefragt worden. Nicht nachvollzi­ehbar bleibt allerdings, wieso der DIW-Direktor Wahlkampfd­ebatten über die Verteilung des Wohlstands beklagt. Sein Institut erforscht seit Jahren die enorme Ungleichhe­it hierzuland­e, insbesonde­re bei den Vermögen. Wieso sollten Politiker da nicht überlegen, wie der Wohlstand fairer verteilt wird?

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