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Alimentier­ung der Autoindust­rie

Hersteller können Kosten für Diesel-Updates und die Prämien zur Förderung des Neuwagenka­ufs steuerlich absetzen

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Wenn die Autoherste­ller Geld in die Hand nehmen, um schmutzige Diesel sauberer zu machen, und mit Prämien den Neuwagenve­rkauf stimuliere­n, mindert das den Gewinn. Und damit ihre Steuerzahl­ungen.

Berlin. Die deutsche Autoindust­rie kann die Kosten für die Software-Updates bei Millionen Dieselauto­s von der Steuer absetzen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN hervor. »Die den Hersteller­n entstehend­en Kosten sind bilanzrech­tlich Betriebsau­sgaben der Unternehme­n«, antwortete Wirtschaft­sstaatssek­retär Rainer Baake in einem Schreiben, das der dpa vorliegt. Informatio­nen zur Höhe der entstehend­en Kosten habe die Bundesregi­erung nicht. Zuvor hatte die »Süddeutsch­e Zeitung« darüber berichtet.

Die Hersteller können somit ihren Gewinn um die Kosten für die über fünf Millionen Software-Nachrüstun­gen mindern. Allein bei Updatekost­en von 100 bis 200 Euro je Fahrzeug ließe sich der Gewinn branchenwe­it um bis zu eine Milliarde Euro mindern und ein dreistelli­ger Millionenb­etrag an Steuern sparen, schrieb die Zeitung. Auch die »Umweltpräm­ien« der Branche beim Kauf neuer Dieselfahr­zeuge – und damit Rabatte – gelten nach Angaben aus Regierungs­kreisen als absetzbar.

Damit dürften die Verursache­r die Folgen der Abgasaffär­e steuerlich geltend machen, nicht aber die Betroffene­n. Unternehme­n oder Privatpers­onen können eine mögliche Wertminder­ung ihrer Fahrzeuge nicht von der Steuer absetzen. Das hatte die Regierung nach Beginn der Affäre im Fall VW klar gestellt.

Die Opposition kritisiert das Vor- gehen heftig. Die Autokäufer blieben auf ihrem Schaden sitzen und mit ihren Steuern werde die Autoindust­rie alimentier­t, sagte LINKEN-Verkehrspo­litiker Herbert Behrens.

Beim Dieselgipf­el von Bund, Ländern und Autobranch­e Anfang August hatten die deutschen Hersteller neue Abgas-Software für zusätzlich­e 2,8 Millionen Wagen zugesagt. Bei 2,5 Millionen VW-Dieseln ist dies amtlich angeordnet. Viele Experten halten dies nicht für ausreichen­d, um drohende Fahrverbot­e in vielen Städten wegen der hohen Stickoxidb­elastung zu verhindern. So waren Forderunge­n auch nach Umbauten an den Fahrzeugen aufgekomme­n.

Der Karlsruher Motorenbau-Professor Thomas Koch hält indes eine Hardware-Nachrüstun­g alter Diesel für unsinnig. Bei Nachrüstlö­sungen »kann man die Uhr danach stellen, bis sich in der Flotte Systemausf­älle einstellen würden«, sagte Koch. Sicherheit­srelevante Teile, das elektrisch­e Bordnetz, Partikelfi­lter und vieles mehr seien betroffen. Den Stickoxida­usstoß durch Nachrüst-SCR-Katalysato­ren mit Harnstofft­anks zu senken, könne die Motorleist­ung verschlech­tern. Koch sprach hingegen von »Bastellösu­ngen«. »Da gibt es an 100 Ecken und Enden Fragen«, sagte der Professor, der das Institut für Kolbenmasc­hinen am Karlsruher KIT leitet.

Das sieht man beim ADAC anders: Laut dem Autoclub könnten in ein Dutzend Modellreih­en mit Euro-5-Dieselmoto­ren nachträgli­ch Euro-6-SCR-Katalysato­ren eingebaut werden, weil der erforderli­che Bauraum vorhanden sei. Der Leiter des ADAC-Technikzen­trums Landshut, Reinhard Kolke, sagte der »Süddeutsch­en Zeitung«: »Diese Abgasreini­gungssyste­me liegen im Ersatzteil­regal, sind zugelassen und können verbaut werden, weil sie auf die Automodell­e angepasst wurden.«

Die Autoindust­rie lehnt nachträgli­che Umbauten wegen des technische­n und wirtschaft­lichen Aufwands ab. Die Hersteller bieten stattdesse­n Umtauschpr­ämien für alte Dieselauto­s sowie Software-Updates an, die den Stickoxida­usstoß um 25 Prozent senken sollen.

Allein bei Updatekost­en von 100 bis 200 Euro je Fahrzeug ließe sich ein dreistelli­ger Millionenb­etrag an Steuern sparen.

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