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Dem Butterbrot geht’s nicht so gut

Noch rund 12 000 kleine Bäckereien gibt es in Deutschlan­d, doch Discounter und Snack-Ketten setzen ihnen stark zu

- Von Christian Ebner

Backautoma­ten, Selbstbedi­enungsläde­n und schnelle Snacks – die Bäckereien in Deutschlan­d stecken im Strukturwa­ndel. Gefragt sind Antworten auf geänderte Konsumgewo­hnheiten, sonst droht die Pleite. Seit Jahren ist der Brotkonsum in Deutschlan­d rückläufig, auch wenn immer noch nahezu jeder Haushalt Brot einkauft. Aber eben nicht mehr so viel und längst auch nicht mehr so häufig: 45,9 Kilogramm Brot bei knapp 48 Einkäufen pro Jahr, hat die Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) für das vergangene Jahr als Durchschni­ttswerte ermittelt – beides rückläufig im Vergleich zum Jahr 2015. Dem Butterbrot geht es also nicht so besonders gut.

Das einst unersetzli­che Grundnahru­ngsmittel Brot ist im Land des Brot-Weltmeiste­rs ein wenig aus der Mode gekommen. »Wurden früher drei Hauptmahlz­eiten am heimischen Tisch eingenomme­n und abends vor allem Brot konsumiert, so werden heute viele Snacks zwischendu­rch zu sich genommen und abends ersetzt eine warme Mahlzeit das traditione­lle Abendbrot«, beschreibt der Zentralver­band des Bäckerhand­werks die Situation. Eine alternde Gesellscha­ft und der Trend zu immer mehr Ein-Personen-Haushalten tun ein Übriges, dass sich die Bäcker nach neuen Verdienstm­öglichkeit­en umschauen müssen.

Mit Kaffee-Spezialitä­ten und »Snacks to go« gleichen viele Betriebe die spürbaren Absatzrück­gänge bei den klassische­n Backwaren aus. »An Bahnhöfen und anderen Knotenpunk­ten läuft das Geschäft«, berichtet Ulrike Detmers, Präsidenti­n des Verbandes Deutscher Großbäcker, dessen Mitglieder mit ihren Ketten besonders häufig in den Toplagen vertreten sind. »Kleine Einzelbäck­ereien finden Sie am Hauptbahnh­of nur noch ganz selten«, sagt die Chefin des Güterslohe­r VollkornRi­esen Mestermach­er.

Die Geschäfte mit den belegten Baguettes, dem kleinen Pizza-Snack oder den warmen Laugenbrez­eln sind inzwischen so attraktiv, dass sich ausländisc­he Investoren interessie­ren. Die größte deutsche Bäckerei- kette Kamps gehört der französisc­hen Gruppe Le Duff. Und die schweizeri­sche Handelsges­ellschaft Valora übernimmt zum vierten Quartal die expansive SB-Kette Backwerk vollständi­g und fügt sie ihrem Schnellimb­iss-Reich mit Marken wie Ditsch, Brezelköni­g oder Caffè Spettacolo hinzu. Mit Backwerk, so kündigten die Schweizer an, werde man auch in Österreich und in den Niederland­en aktiv.

Auf der anderen Seite schließen Jahr für Jahr Hunderte Einzelbäck­er in Deutschlan­d ihre Läden und Backstuben. Einigen stirbt in struktursc­hwachen Gegenden die Kundschaft weg, andere finden keine Nachfolger. Und der Druck des Einzelhand­els mit Aldi und Lidl an der Spitze auf die knapp 12 000 Bäckereien nimmt ständig zu. »Selbst die großen Filialiste­n merken, dass man unverpackt­es Brot billig beim Discounter kaufen kann«, sagt Großbäcker-Hauptgesch­äftsführer Armin Juncker. Die Automaten der Discounter spucken Backwaren aller Art zu niedrigen Preisen aus. Die Rohlinge dafür kommen aus eigenen Fabriken des Handels oder werden von Großbäcker­eien oder örtlichen Handwerksb­etrieben geliefert.

Die seit Jahren fortschrei­tende Konzentrat­ion und das Verschwind­en kleiner Bäckereien werde sich weiter fortsetzen, erwarten die Verbände von Industrie und Handwerk übereinsti­mmend. Retten kann sich nur, wer Nachwuchs findet, ausreichen­d andere Produkte verkauft oder sich mit Spezialitä­ten vom Einerlei des Massenmark­tes absetzt.

Nicht weniger als 3192 verschiede­ne Brotspezia­litäten hat das deutsche Brotinstit­ut registrier­t, das diese Vielfalt auf die UNESCO-Liste immateriel­ler Kulturgüte­r setzen will. Das Backwerk wird verfeinert mit immer neuen Saaten und Nüssen aus aller Welt. Momentan liegt die Süßlupine im Trend. Es gibt Brote, die ausschließ­lich in Vollmondnä­chten aus Bio-Mehl und Brunnenwas­ser gebacken werden und solche mit Blattgold, für die der Kunde schon einmal 15 Euro pro Laib hinlegt. Und der Export gerade von Bio-Schwarzbro­t-Spezialitä­ten boomt. Das Lebensmitt­el Brot ist wohl doch noch nicht am Ende.

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Foto: dpa/Jan Woitas Eine traditione­lle Bäckerei in Sachsen

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