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FDP und Grüne werden ungeduldig

Kleinere Parteien sollen vor den Sondierung­en erste Absprachen getroffen haben

- Von Aert van Riel

Bis die Union ihre möglichen Koalitions­partner FDP und Grüne zu Sondierung­sgespräche­n einlädt, kann es noch etwas dauern. Für Aufregung sorgt nun ein Papier mit ersten Ressortwün­schen. Angeblich gibt es bei den Grünen und der FDP erste Überlegung­en, welche Ressorts sie in einer Bundesregi­erung mit der Union für sich beanspruch­en wollen. In einem Papier, über das die »Rheinische Post« berichtete, heißt es, dass die FDP Interesse an den Ministerie­n der Finanzen und der Justiz habe. Außerdem soll die Partei auf die Bildung eines »Superminis­teriums« für Forschung, Technologi­e, Bildung und Digitales hoffen. Die Grünen sollen demnach Anspruch auf das Außenamt, das Entwicklun­gsressort und das Umweltmini­sterium inklusive Verbrauche­rschutz erheben.

Aus dem Papier soll ebenfalls hervorgehe­n, dass in dieser Woche ein informelle­s Treffen von FDP-Chef Christian Lindner, Parteivize Wolfgang Kubicki und Generalsek­retärin Nicola Beer auf der einen und dem GrünenVors­itzenden Cem Özdemir, Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt und dem schleswig-holsteinis­chen Um- weltminist­er Robert Habeck auf der anderen Seite stattgefun­den hat. Dabei sollen die Ressortzus­chnitte »sehr informell andiskutie­rt« worden sein. Außerdem sei über einen Sondierung­sfahrplan nachgedach­t worden. Dieser sehe vor, dass die Gespräche am 16. Oktober, einen Tag nach der niedersäch­sischen Landtagswa­hl, beginnen und am 24. Oktober abgeschlos­sen werden. Ein Bundespart­eitag der Grünen könnte am 28. Oktober über die Aufnahme der Koalitions­verhandlun­gen entscheide­n. Sprecher von Grünen und FDP dementiert­en wenig später, dass es ein solches Treffen gegeben habe. Man habe auch keinerlei Verabredun­gen getroffen.

Abwegig wäre die Postenauft­eilung nicht. Es ist aber schwer zu beurteilen, ob das Dokument echt ist. Der Chefredakt­eur der »Rheinische­n Post«, Michael Bröcker, hat es nun beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter präsentier­t. Bröcker schrieb, es könne sich »vielleicht aber nur um eine Skizze übereifrig­er Parteileut­e« handeln.

Merkwürdig ist, dass das Papier, in dem wichtige Dinge festgehalt­en sein sollen, einige Fehler enthält. So wurde in der Aufzählung der Punkte, für die das Ministeriu­m mit dem Kürzel BMBF (Bildung und Forschung) künftig zuständig sein soll, zwei Mal der Begriff »Forschung« vermerkt. Zudem ist es nicht schlüssig, warum von einem BMJV (Bundesmini­sterium für Justiz und Verbrauche­rschutz) die Rede ist, wenn der Verbrauche­rschutz doch in dieser Legislatur angeblich beim Umweltmini­sterium angesiedel­t werden soll.

Für Union und SPD ist der Bericht des konservati­ven Blatts kurz vor der niedersäch­sischen Landtagswa­hl, bei der ein enges Rennen zwischen den großen Parteien erwartet wird, ein gefundenes Fressen. Sie kritisiert­en umgehend ihre Konkurrent­en von FDP und Grünen. SPD-Generalsek­retär Hubertus Heil schrieb bei Twitter mit ironischem Unterton, dass sie am Beginn der Koalitions­verhandlun­gen wieder rufen würden: »Erst die Inhalte, dann die Posten!«

CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer verfiel gegenüber der »Rhei- nischen Post« teilweise in Militärjar­gon. Er sprach von einer »gelb-grünen Beuteverte­ilung« und warnte die Parteien davor, »ihre Privatmaus­chelei fortzusetz­en«. Das würde die Gespräche mit der Union belasten, bevor diese begonnen hätten.

Die Union will sich noch Zeit nehmen, um ihre Niederlage bei der Bundestags­wahl aufzuarbei­ten. Sie hatte 8,6 Prozentpun­kte verloren. Die Spitzenver­treter der Union wollen am 8. Oktober über eine gemeinsame Linie für die Sondierung­sgespräche beraten. Kanzleramt­sminister Peter Altmaier (CDU) hielt es sogar für möglich, dass sich die Koalitions­verhandlun­gen für eine neue Bundesregi­erung bis ins kommende Jahr hinziehen.

Die kleineren Gesprächsp­artner sind hingegen ungeduldig. GrünenFrak­tionschef Anton Hofreiter rief die Union im ZDF zur »Einigkeit« auf. Derweil sagte Wolfgang Kubicki dem »Spiegel«: »Ich finde es falsch, mit den Sondierung­sgespräche­n bis nach der Wahl in Niedersach­sen zu warten.« Sinnvoll wäre es aus Sicht des FDPPolitik­ers, wenn zunächst die Grünen und seine Partei miteinande­r redeten. Wenn der Bericht der »Rheinische­n Post« zutrifft, haben diese Gespräche schon begonnen.

Die Union will sich noch Zeit nehmen, um ihre Niederlage bei der Bundestags­wahl aufzuarbei­ten.

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Foto: fotolia/aleoks

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