nd.DerTag

Proust schrieb Rezensione­n selbst

-

Der

französisc­he Schriftste­ller Marcel Proust hat für gute Buchkritik­en Geld bezahlt. Der Autor schrieb die Rezensione­n zu einem seiner Romane selbst und sorgte dafür, dass sie in führenden Zeitungen erschienen, wie jetzt aufgetauch­te Briefe des Schriftste­llers belegen. Die Kritiken schickte er zum Abtippen an seinen Verlagslei­ter.

Für eine Lobeshymne auf den Roman »In Swanns Welt«, den 1913 erschienen­en ersten Teil von Prousts Hauptwerk »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«, zahlte der wohlhabend­e Autor demnach 300 Francs – heute umgerechne­t etwa 1000 Euro. Die Rezension erschien auf der Titelseite der Tageszeitu­ng »Le Figaro«. Mehr als doppelt so viel, 660 Francs, zahlte der Schriftste­ller für eine begeistert­e Kritik seines Romans auf der Titelseite des »Journal des Débats«.

Die Briefe wurden gemeinsam mit einer seltenen Ausgabe von »In Swanns Welt« entdeckt. Ende Oktober soll diese im Auktionsha­us Sotheby’s in Paris versteiger­t werden – Experten rechnen mit einem Erlös von rund einer halben Million Euro. Bei dem Roman-Exemplar handelt es sich um eines von nur fünf Ausgaben, die auf edlem Japanpapie­r gedruckt wurden. Vier davon sind noch bekannt, die fünfte gilt als verscholle­n, seit die Nazis sie während des Zweiten Weltkriegs geraubt hatten.

Mehrere Verlage hatten die Veröffentl­ichung von »In Swanns Welt« abgelehnt. Brun überredete schließlic­h seinen Chef, den Verleger Bernard Grasset, das Buch herauszuge­ben. Die Bedingung war, dass der Autor selbst die Kosten trug. Grasset nannte das Buch »unlesbar« – aber es wurde ein großer Erfolg. Grassets Kollege Gaston Gallimard habe später an Proust geschriebe­n, dass die Ablehnung des Manuskript­s »der größte Fehler seiner Karriere« gewesen sei, sagte Sotheby's-Experte Benoît Puttermans.

»Konsequent ist, wer sich selber mit den Umständen wandelt.« Winston Churchill

Newspapers in German

Newspapers from Germany