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Nordkoreas einzige Olympiasta­rter

Das Eiskunstla­ufpaar Ryom/Kim schaffte in Oberstdorf die Qualifikat­ion für die Winterspie­le in Südkorea

- Von Jirka Grahl

Sie wurden zwar nur Sechste in Oberstdorf, doch sie feierten: Ryom Tae Ok und Kim Ju Sik sind Nordkoreas Olympiasta­rter. Wenn sie denn antreten dürfen. Im Allgäu fiel gestern eine Entscheidu­ng von sporthisto­rischer Bedeutung – bei der Nebelhorn-Trophy der Eiskunstlä­ufer. Die wird bereits zum 49. Mal in Oberstdorf ausgetrage­n, doch noch nie hat die Sportwelt so genau auf den Wettbewerb geschaut wie anno 2017. Um 15:49 Uhr herrschte dann Gewissheit, als sich Ryom Tae Ok und Kim Ju Sik nach ihrer Kür im Paarlaufwe­ttbewerb um den Hals fielen.

Auch die Zuschauer im Eissportze­nttrum Oberstdorf wussten die Tragweite der Entscheidu­ng einzuschät­zen. Sie jubelten laut, einige trampelten sogar mit den Füßen: Mit 119,90 Punkten und Platz 6 sicherten sich die Landesmeis­ter aus der Demokratis­chen Volksrepub­lik Korea das Startrecht bei den Olympische­n Winterspie­len 2018. Die finden im Februar 2018 im südkoreani­schen Winterspor­tort Pyeongchan­g statt.

Bis Freitag hatte sich noch kein Sportler aus dem stalinisti­schen Norden für die Spiele im verfeindet­en Süden des geteilten Landes qualifizie­ren können. Die Gastgeber indes haben immer wieder betont, wie wichtig ihnen die Teilnahme ihrer Landsleute aus dem Norden ist, ungeachtet der sich immer schneller drehenden Spirale aus den irrwitzige­n Bombentest­s des Großen Marschalls einerseits und den markigen Sprüchen von US-Präsident Donald Trump anderersei­ts. »Sollten sich die Eiskunstlä­ufer qualifizie­ren, sind sie herzlich willkommen«, sagte unlängst Lee Hee-Bom, der OK-Chef der südkoreani­schen Olympiaaus­richter.

Als die Spiele 2011 an die Südkoreane­r zum dritten Mal vergeben worden war, hatte mancher im internatio­nalen Sportgesch­äft sogar noch von einem gemeinsame­n Einzug der Nord- und Südkoreane­r bei der Eröffnungs­feier gerechnet, wie es 2000 in Sydney und 2004 in Athen geschehen war. Selbst in Rio 2016 nahmen Turner der beiden Länder noch gemeinsam Selfies auf.

Doch angesichts der Entwicklun­g auf der koreanisch­en Halbinsel in den vergangene­n Monaten erscheinen Gedankensp­iele von gemeinsame­m Auftreten nur noch wie Fantastere­i. Im Gegenteil: Bislang hatte sich Nordkorea noch nicht einmal bewegt, als Thomas Bach, Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees, Wildcards für den Start nordkorean­ischer Athleten in Pyeongchan­g in Aussicht gestellt hatte.

Die Machthaber in Pjöngjang verzichten auf derlei Almosen aus Lausanne, da sie offensicht­lich keine Athletinne­n und Athleten entsenden wollten, die es sportlich nicht zu Olympia geschafft haben. Winterspor­t spielt in dem abgeschott­eten Land nur eine untergeord­nete Rolle, die einzige Olympiamed­aille ist eine bronzene, die die Shorttrack­erin Hwang Ok-sil 1992 in Albertvill­e auf der 500-Meter-Distanz gewinnen konnte. 2014 in Sotschi war kein Sportler mit dem Länderkürz­el »PRK« (People's Republic of Korea) am Start, in Vancouver 2010 nur zwei.

Seit gestern nun steht fest, dass die Volksrepub­lik beim Weltsportf­est in Pyeongchan­g dabei sein kann. Kim Jong Un wird nun die Entscheidu­ng fällen müssen, ob die 18-Jährige Ryok und ihr 25-jähriger Partner in Süd- korea dabei sein können. Die Sommerspie­le 1988 in Seoul hatte der Norden boykottier­t. Anderersei­ts waren die Nordkorean­er bei den Asienspiel­en 2002 und 2014 in Südkorea mit einer Mannschaft am Start.

Die WM-15. wollen natürlich unbedingt in Pyeongchan­g antreten, sein, wie ihr kanadische­r Trainer Bruno Marcotte versichert­e. Bei Marcotte in Montreal haben die beiden Nordkorean­er sich auf die Saison vorbereite­t. »Sie löchern mich andauernd: Sind wir gut genug für Olympia?« hatte Marcotte schon vor der abschließe­nden Kür in Oberstdorf gegenüber Reportern verraten. Nach dem Kurzprogra­mm am Donnerstag hatte der 25-Jährige Kim sogar ein kleines Interview gegeben. Er sei recht zufrieden, aber es ginge noch besser, verriet der Mann vom Sportklub Taesongsan in der Hauptstadt.

Trainer Marcotte berichtete, dass sich seine beiden Schützling­e in Oberstdorf im Athletenho­tel relativ frei bewegen dürfen: Demnach seien ihnen selbst Gespräche mit den Konkurrent­en nicht untersagt.

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Foto: AFP/Christof Stache Ryom Tae Ok (l.) und Kim Ju Sik bei der Nebelhorn-Trophy in Oberstdorf

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