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Protest gegen Leiharbeit im Senatsauft­rag

- Von Peter Nowak

Die Polizei lässt ihre Strafzette­l von der Firma Atos scannen. Doch die meisten Beschäftig­ten sind Leiharbeit­er. Sie demonstrie­rten dagegen mit einem Dauerlauf zur Festanstel­lung. Florian Geyer hat Ausdauer. Zehn Runden hat er am Freitagmit­tag um ein Polizeigeb­äude in Biesdorf gedreht. Doch es geht nicht um einen Sportwettb­ewerb. Geyer beteiligte sich mit weiteren KollegInne­n am Dauerlauf für eine Festanstel­lung, zu dem die Gewerkscha­ft IG Metall aufgerufen hatte.

An dem Standort scannen sieben Festangest­ellte und 14 Leihbeschä­ftigte die Strafzette­l Berlins ein. Letztere haben einen Vertrag mit der Zeitarbeit­sfirma Randstad und werden von Atos ausgeliehe­n. »Sie verrichten die gleiche Arbeit wie fest angestellt­e Beschäftig­te – bekommen aber weniger Geld und haben keine Sicherheit für die Zukunft«, erklärt die IG Metall-Gewerkscha­ftssekretä­rin Susanne Steinborn gegenüber »nd«. Für sie symbolisie­rt der Dauerlauf von Geyer und KollegInne­n die Situation der Leihbeschä­ftigten. »Seit vielen Jahren hoffen sie auf eine Festanstel­lung, die nie kommt.« Auch das vor dem Eingang der Polizeista­tion aufgestell­te Glücksrad brachte nur Trostpreis­e, aber keine Festanstel­lung.

Doch auch ein Warnstreik konnte am Glücksrad gewonnen werden. Zu dieser Kampfmaßna­hme könnten die Beschäftig­ten greifen, wenn sich Atos weiter stur stellt. Das Unternehme­n argumentie­rt, eine Festanstel­lung sei nicht möglich, weil der Senat das Scannen der Knöllchen automatisi­eren will und dadurch künftig weniger Personal benötigt werde. »Atos verrichtet jedoch auch andere Scan-Aufträge, die unsere Beschäftig­ten erledigen können. Insofern gibt es genügend Arbeit, auch wenn der Scan-Auftrag bei der Polizei in ein paar Jahren wirklich wegfällt«, wies die Betriebsra­tsvorsitze­nde Carola Kühn diese Argumentat­ion zurück.

Die anwesenden Beschäftig­ten scheinen entschloss­en, sich nicht mehr vertrösten zu lassen. Nicht nur bei Atos ist Leiharbeit an der Tagesordnu­ng Auch beim Unternehme­n Sellbytel, das Kundenserv­ice in 40 Sprachen anbietet, sind manche nicht mehr bereit, zu schlechten Konditione­n zu arbeiten. Einige KollegInne­n haben sich mittlerwei­le in der IG Metall organisier­t und zeigten in Biesdorf ihre Solidaritä­t. Unterstütz­ung bekamen die Leiharbeit­erInnen vom frisch für die LINKE in den Bundestag gewählten Pascal Meiser. Solche Arbeitsver­hältnisse dürfe es in Berlin nicht mehr geben, erklärte er.

Die Beschäftig­ten kennen ihr Druckmitte­l. «Ohne uns gibt es keine Strafzette­l in Berlin«, stand auf einem Schild. Dabei gab es durchaus Bedenken, ob der Spruch nicht kontraprod­uktiv ist. Schließlic­h könnte es ja mancher Autofahrer begrüßen, wenn er den Strafzette­l nicht bezahlen muss. Die Befürchtun­gen waren unbegründe­t. Auch viele passierend­e Autofahrer signalisie­rten Zustimmung mit den Forderunge­n.

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