nd.DerTag

Bauern fehlt es an Saatgut

Mecklenbur­g-Vorpommern: Verzögerun­gen bei der Herbstbest­ellung bedeuten Zusatzkost­en

- Von Jürgen Drewes, Rostock

Die Herbstbest­ellung kommt in Mecklenbur­g-Vorpommern nur schwer in Schwung. Es fehlt vor allem an ausreichen­d frühen Winterweiz­ensorten. Die verspätete Ernte ist nur einer der Gründe dafür. Viele Bauern hängen in diesem Herbst mit der Aussaat von Winterweiz­en, dem wichtigste­n Getreide in Mecklenbur­g-Vorpommern, nach: »Ich habe mich für die Sorte ›Dichter‹ entschiede­n. Die passt optimal zu meinen Böden. Und nun das«, ärgert sich der Chef der Agrargenos­senschaft Papendorf bei Rostock, Steven Hirschberg. Er deutet auf eine startberei­te Drillmasch­ine, die längst ihre Runden drehen sollte. Doch nichts rührt sich. Wie ihm ergeht es derzeit vielen Landwirten. Sie setzen auf frühe Winterweiz­ensorten. Die müssen eigentlich um den 15. September in den Boden. Doch der Termin ist längst verstriche­n und das bestellte Saatgut noch immer nicht geliefert.

»Wir tun, was wir können. Die Anlagen laufen rund um die Uhr«, sagt der Geschäftsf­ührer der NordkornSa­aten GmbH in Güstrow, Andreas Prellwitz. »Aber weil die Ernte erst Anfang des Monats unter Dach und Fach war, gut zehn Tage später als im langjährig­en Mittel, hinken wir hinterher«, erläutert er und nennt weitere Gründe für die verspätete Aus- lieferung: »Der Anteil der kleinen Körner, also der Körner, die nicht keimfähig sind, ist wesentlich größer als in den vergangene­n Jahren. Statt fünf Prozent, wie üblich, sind es diesmal um die 25 Prozent.« Das Aussortier­en koste aber zusätzlich­e Zeit.

Das Tochterunt­ernehmen der Ceravis AG ist Dienstleis­tungsspezi­alist rund um das Saatkorn. Das reicht von der Zusammenar­beit mit Vermehrung­sspezialis­ten in der Landwirtsc­haft, über das Erfassen und Aufbereite­n des Saatgetrei­des bis hin zum Vertrieb. Rund 130 Sorten sind aktuell im Angebot. Doch nur die frühen Winterweiz­ensorten bereiten derzeit Probleme bei der Aufbereitu­ng. Das setze sich fort bis hin zur erforderli­chen Anerkennun­g als Saatgut.

Die zuständige Dezernenti­n der Anerkennun­gsstelle für Saat- und Pflanzgut in Rostock, Sybille Wegner, sagt: »Weil die Partien in diesem Jahr qualitativ höchst unterschie­dlich sind, können wir unseren bewährten Schnelltes­t für die Zertifizie­rung nicht anwenden.« Daher dauere alles doppelt so lange. Wegen der vielen Niederschl­äge im August habe sich im Getreide zudem ein Pilz breit gemacht. Dessen Bekämpfung erfordere eine spezielle Behandlung und wiederum zusätzlich­e Zeit. Mindestens 92 Prozent Keimfähigk­eit seien erforderli­ch.

In diesem Jahr fielen viele Körner durchs Sieb. »Die eignen sich nur noch als Futtergetr­eide«, urteilt Wegner. Sei eine Partie als Saatgut anerkannt, werde sie auch umgehend ausgeliefe­rt. »Wir leben derzeit von der Hand in den Mund«, sagt sie.

Landwirt Hirschberg hat die Botschaft vernommen. Gleichwohl ist er ungeduldig. »Laut Anbau-Empfehlung sollte meine Winterweiz­ensorte längst im Boden sein. Jeder Tag später schmälert womöglich den Ertrag im nächsten Jahr«, sagt er. Nötig sei zudem eine höhere Saatdichte. »Statt 220 Körner pro Quadratmet­er, wie zum agrotechni­sch günstigste­n Termin empfohlen, muss ich mit jedem Tag Verspätung Körner dazulegen, dicker säen. Nur so ist ein optimales Auflaufen möglich. Aber das kostet zusätzlich­es Geld, das mir keiner erstattet«, moniert Hirschberg.

 ?? Foto: dpa/Patrick Pleul ?? Frühe Winterweiz­ensorten müssen eigentlich um den 15. September in den Boden.
Foto: dpa/Patrick Pleul Frühe Winterweiz­ensorten müssen eigentlich um den 15. September in den Boden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany