Mysteriöser Tod auf See
Von Unternehmern, Erfindern und einer Schiffsreise ohne Wiederkehr
Der Sohn eines aus Deutschland stammenden Lederwarenherstellers verbrachte seine Kindheit in Paris. Da das kleine Geschäft seines Vaters häufig von Insolvenz bedroht war, lebten er und seine Geschwister in bescheidenen Verhältnissen. In die Schule ging er mit Freude und erhielt mit zwölf Jahren für seine guten Leistungen eine Bronzemedaille.
Als der Deutsch-Französische Krieg ausbrach, wurde die Familie aus Frankreich ausgewiesen. Während seine Eltern nach London übersiedelten, kam er in die Obhut eines Onkels, der in Augsburg lebte. Hier besuchte er die Königliche Kreis-Gewerbeschule, an der sein Onkel Mathematik unterrichtete. Er selbst interessierte sich vor allem für Naturwissenschaften und Technik und ließ seine Eltern mit 14 Jahren wissen, dass er einmal Ingenieur werden wolle. Nachdem er die Gewerbeschule als Jahrgangsbester abgeschlossen hatte, setzte er seine Ausbildung an der neu gegründeten Industrieschule in Augsburg fort, wo er ebenfalls die besten Noten seines Jahrgangs erzielte.
In Anerkennung dessen erhielt er ein Stipendium und konnte so mit 17 Jahren am Polytechnikum in München (heute Technische Universität) ein Studium des Maschinenbaus aufnehmen. Dies geschah gegen den Willen seiner Eltern, denen es aufgrund ihrer wirtschaftlichen Sorgen lieber gewesen wäre, wenn ihr Sohn gleich Geld verdient hätte.
Wie in der Schule war er auch beim Studium mit großem Eifer bei der Sache. Die Vorlesungen von Carl von Linde, dem Begründer der modernen Kühltechnik, hatten es ihm besonders angetan. Als er soweit war, das Abschlussexamen abzulegen, erkrankte er an Typhus. Um die Zeit bis zum nächsten Prüfungstermin zu überbrücken, sammelte er praktische Erfahrungen in einer Schweizer Maschinenfabrik. Dann holte er die Prüfung nach – mit dem besten Ergebnis seit Bestehen des Polytechnikums. Anschließend ging er nach Paris, wo er als Volontär in die Eisfabrik von Linde eintrat. Bereits ein Jahr später wurde er dort zum Direktor ernannt. Er verbesserte die Technologie der Eisherstellung und reichte mehrere Patente ein, von denen am Ende aber nur sein Chef profitierte. Damit unzufrieden wandte sich der Gesuchte neuen technischen Herausforderungen zu. So hatte er während seines Studiums erfahren, dass die damals besten Dampfmaschinen nur etwa sechs bis zehn Prozent der hineingesteckten Energie in Bewegung umwandeln konnten. War es vielleicht möglich, mit einem »rationellen Wärmemotor« einen besseren Wirkungsgrad zu erzielen?
Bevor ihm bei der Lösung dieses Problems eine bahnbrechende Erfindung gelang, verlobte er sich mit der Tochter eines Notars, die er in Paris kennengelernt hatte. Bereits ein halbes Jahr später fand in München die Hochzeit statt. Das Paar bekam drei Kinder, eine Tochter und zwei Söhne, von denen sich der jüngere später als Schriftsteller und Kulturphilosoph einen Namen machte.
Für die Erfindung seines neuen Motors erhielt er zwar ein Patent, gleichwohl dauerte es Jahre, bis die Maschine störungsfrei lief und in Serie gefertigt werden konnte. Finanziell ging es ihm zunächst glänzend, seine Gesundheit indes war angeschlagen. Er litt, wie man heute sagen würde, unter Burn-out und begab sich für einige Zeit in eine Nervenheilanstalt. Am Ende verließ ihn auch das geschäftliche Glück. Er verspekulierte sich und die von ihm mitbegründete Firma wurde wieder geschlossen. Während seine Erfindung weltweite Triumphe feierte, war er selbst hoch verschuldet. In dieser Situation brach der 55-Jährige zu einer Schiffsreise nach England auf, um sich unter anderem der Kritik einiger Aktionäre zu stellen. Doch als zwei Mitreisende nach Stunden in seine Kajüte schauten, war diese leer. Über eine Woche später wurde der Leichnam des Vermissten in der Nordsee geborgen. Die Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt, ein Suizid gilt als wahrscheinlich. Wer war’s?